Schon wieder eine Meisterleistung des Stadtplanungsamtes Tempelhof-Schöneberg, Pardon heißt ja jetzt Stadtentwicklungsamt. Am 29. September begann die öffentliche Auslegung der Bebauungsplanunterlagen zur Bautzener Brache. Am 30. September lagen bei den Unterlagen zwei Gutachten, das zum Stadtklima und das zur Fauna. Allerdings nur auf Papier, nicht digital. Nach Hinweis auf den § 10 (3) Umweltinformationsgesetz (UIG) an die zuständige Stadträtin wurde nachgebessert: am Mittwoch, den 1. Oktober gab es die zwei Gutachten dann auch digital und online. Nun kurz vor Ende der Auslegungsfrist am 29. Oktober sind es aber nicht mehr nur zwei, sondern plötzlich sechs Gutachten geworden. Inzwischen sind auch die Gutachten zu Altlasten, zum Lärm, zum Einzelhandel und zum Verkehr dazugekommen.
Nur, wer hat Zeit – in den wenigen Tagen bis zum Ende der Auslegungsfrist am 29. Oktober – nochmal vier Gutachten durchzuarbeiten und dazu eine Stellungnahme zu formulieren? Unzumutbar. Die Auslegung muss wieder holt werden!
Gerade das anfangs vorenthaltene Lärmgutachten ist existentiell. In der schriftlichen Begründung zum Bebauungsplan wird immer wieder auf das Lärmgutachten verwiesen. Und es wird festgestellt, dass die Wohnungen in den neuen Gebäuden hoch lärmbelastet sein werden:
„jenseits der Schwelle zur Gesundheitsbelastung“
Und zwar nicht nur die Wohnungen Richtung Bahn auf der Ostseite der neuen Gebäude, sondern auch die zu den Höfen und Platzräumen, die durch die neuen Gebäude gebildet werden. Im Baugesetzbuch in § 3 „Beteiligung der Öffentlichkeit“ heißt es unter Punkt 2
Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen . . .
Natürlich sind die anfangs vorenthaltenen Gutachten – insbesondere das zum Lärm – wesentlich, sie sind umweltbezogen und sie lagen bereits vor. Warum das Amt sie nicht gleich von Anfang an mit ausgelegt hat, ist ein Rätsel, ebenso warum das Amt dann irgendwann während der Auslegungszeit seine Strategie geändert hat.
Eventuell lag es an der Einwohneranfrage nach §43 Bezirksverwaltungsgesetz, die am Mittwoch, den 15. Oktober schriftlich in der Bezirksverordnetenversammlung gestellt wurde, aber bis heute unbeantwortet blieb:
Bei dem seit 29. 09. 2014 ausliegenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan 7-66 VE “Bautzener Brache“ ist auf Seite 22 der Begründung die Rede von einem „vorliegenden Lärmgutachten“. Dieses Lärmgutachten, das schon auf der Veranstaltung am 15.03.13 im Rathaus Schöneberg auszugsweise vorgestellt wurde, ist jedoch nicht Teil der aktuellen Auslegung. Warum wird dieses Gutachten nicht mit ausgelegt? Und gibt es weitere Gutachten, die vorliegen und nicht ausgelegt werden? Wenn ja, um welche Gutachten handelt es sich?
Inzwischen sind mehrere Stellungnahmen zum Bebauungsplan entwickelt worden, manche haben ihre Stellungnahme eventuell schon abgegeben, ohne von den nachträglich ausgelegten Gutachten zu wissen. Nun ist die Auslegungsfrist am Mittwoch, den 29. 10. 2014 zu ende. Eigentlich müsste die Auslegung wiederholt werden!
Trotzdem Beteiligen!
Wer sich noch beteiligen möchte, sollte auf alle Fälle auch die unvollständige Auslegung kritisieren. Hier ist eine kurze Stellungnahme, eine Seite DINA4, auf der die wichtigsten Kritikpunkte zusammengefasst sind, die man bei Bedarf übernehmen und durch Persönliches ergänzen kann:
Und hier sind zwei längere Stellungnahmen zum Bebaungsplan Bebauungsplan 7-66 VE
Stellungnahme von Matthias Bauer, zu den Inhalten des Bebauungsplans 7-66 VE
Stellungnahme von Jörg F. Simon, zu den Rechtsfragen des Bebauungsplans 7-66 VE
Link zur Seite des Bezirksamtes, auf die B-Planunterlagen ausliegen
http://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/organisationseinheit/planen/7-66ve.html
Frühere Artikel zum Thema Bautzener Brache
https://gleisdreieck-blog.de/category/bautzener-strasse/
Update 24. 10. 2014, nachmittags
Am 24. 10. 2014, nach Veröffentlichung des Beitrags kam nun die Antwort von Stadträtin Dr. Sybill Klotz auf die Einwoheranfrage vom 15. 10. 14
Sehr geehrter Herr Bauer,
derzeit wird die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) durchgeführt. Dieser Verfahrensschritt dient dazu, die Öffentlichkeit frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung zu unterrichten. Diese Phase des Verfahrens ist noch nicht die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB.
Erst zu diesem Zeitpunkt sind sämtliche abgestimmten Unterlagen (Untersuchungen, Gutachten, Stellungnahmen, etc.) zusätzlich zur Auslegung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes und der Begründung mit Umweltbericht mit auszulegen. Das von Ihnen angesprochene Lärmgutachten liegt in einem ersten Frühstadium vor und wird im Rahmen der derzeit stattfindenden frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zur Stellungnahme übersandt. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange geben dann dazu ihre weiteren Anregungen ab. Dies gilt auch für weitere durch Sie nachgefragte Gutachten. Es handelt sich hierbei um:
- Schalltechnische Untersuchung
- Verkehrs- und Lärmgutachten
- Bericht zu orientierenden abfalltechnischen Untersuchungen und orientierenden Altlastenuntersuchungen
- Auswirkungsanalyse für die geplante Etablierung von Lebensmittelflächen (inkl. Ergänzung: Auswirkungsanalyse Vollsortimenter)
- Faunistische Untersuchung
- Fachbeitrag Stadtklima
Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen sind alle vorliegenden Gutachten nunmehr auch den Unterlagen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung zur Einsichtnahme beigefügt und online gestellt.
Dr. Sibyll Klotz, Bezirksstadträtin