Investoren zeigen ihr ihre Gebäude oft aus der Drohnenperspektive. Ein Anwohner hat nun die geplanten Gebäude der “Urbanen Mitte” aus der Perspektive der Parkbesucher dargestellt.
Die den Ort prägenden Hochbahnviadukte und der U-Bahnhof Gleisdreieck verschwinden weitestgehend. Die Schmalheit des Westparks wird schmerzhaft ins Bewusstsein geholt. Zwischen Ost- und Westpark bilden die bis zu 90 m hohen Türme eine Mauer. Wie ein Keil schiebt sich die Mauer aus Hochhäusern von Norden nach Süden in das Gleisdreieck. Der historisch entstandene Freiraum aus den drei Güterbahnhöfen der Potsdamer, der Anhalter und der Dresdener Bahn (später Postbahnhof, heute STATION) wird zerschnitten.
In den Jahren seit der Entstehung der gründerzeitlichen Stadtteile Ende des 19 Jahrhundert teilte das Bahngelände die östlich und westliche liegenden Stadtteile. Kreuzberg auf der einen sowie Tiergarten und Schöneberg auf der anderen, waren voneinander getrennt. Nördlich der Yorckstraße durch ein künstliches Plateau, südlich der Yorckstraße im Flaschenhals durch einen künstlichen Einschnitt in den Abhang der Teltower Platte. Trotz aller Wandlungen bestimmt diese Topographie bis heute den Park, so wie sie früher das Bahngelände bestimmte.
Lange Zeit war das Bahngelände nur von außen erlebbar, als Fahrgast in der Bahn oder vom Bahnsteig der U1. Aber es wurde wahrgenommen – und der Begriff Gleisdreieck wurde zum Synonym für die drei ineinander verwobenen Bahnhöfe der Anhalter, der Potsdamer und der Dresdner Bahn.
Gleisdreiecke, Vielecke, Polygone – Joseph Roth war der erste, der das Gleisdreieck in den 1920er Jahren als Landschaft beschrieb, als eiserne Landschaft. „Ich bekenne mich zum Gleisdreieck“
Im politischen Vakuum zwischen Ost und West wuchsen entlang der Schienenstränge erst Gräser, dann Bäume, die eiserne Landschaft wurde zur Transportwildnis, zur ungeplanten grünen Oase.
Der Wildwuchs inspirierte und motivierte die Bürgerinitiativen im Kampf gegen die Westtangente. Mit Erfolg. Das Bahngelände wurde nicht zum Autobahnland sondern zum Park. Und als Park wandelte sich das Bahngelände vom trennenden zum verbindenden Element zwischen den ehemals getrennten Stadtteilen. Ein täglich genutzter öffentlicher, liebgewonnener Raum, Sommer wie Winter.
Die Macher der Hochhäusern profitieren von der Entwicklung, wollen ihre Bauten für Büros, Geschäfte und Vergnügungsstätten mitten reinstellen, ins Gleisdreieck. Sie behaupten, der Park sei nicht betroffen, da sie nur ihr Grundstück sehen wollen und nicht den ganzen, historisch entstandenen räumlichen Zusammenhang. Doch ganz können sie die negativen Folgen nicht leugnen, die das Vorhaben auf die Umgebung hat. Jedoch lassen sie ihre Gutachter die Eingriffe, in Flora, Fauna, Wasser, Boden, Klima, Denkmalschutz usw. für unbedenklich erklären, da der Park diese ja durch seine ökologischen Qualitäten aufwiegen würde.
Bestünde die Aufgabe darin, auf kleinem Raum möglichst viel Verschattung in Kreuzberg und Schöneberg zu verursachen, und dabei den Luftaustausch zu verschlechtern, käme wohl eine von Nord nach Süd ausgerichtete Wand heraus. Die Planungen für die sogenannte „Urbane Mitte“ unterscheiden sich kaum davon.
Hier wird Ungleichheit zwischen einer privilegierten Elite und der Masse geschaffen:
Einige wenigen genießen weiten Ausblick und lange Sonnenscheindauer.
Sehr vielen anderen wird der Ausblick und das Sonnenlicht oder auch nur das indirekt einfallende Tageslicht verstellt. Das gilt vor allem im Bereich zwischen Potsdamer Straße und Mehringdamm.
Ausschnitt aus dem sehr lesenswerten Kommentar von Joachim Falkenhagen am 8.02.2021.
Link zum vollständigen Kommentar von Joachim Falkenhagen