Der Ausbau von vier Yorckbrücken ist Montag Morgen pünktlich beendet worden. Die Arbeiten waren perfekt organisiert. Super, dass trotz Straßensperrung die Busse der Linie M19 durchfahren und Zuschauer dabei sein konnten. Wer heute morgen unter den Yorckbrücken hindurchgelaufen ist, wird ungewohnt viel freien Himmel über sich gefühlt haben. Ein Gefühl, das ich in der Vergangenheit schon gelegentlich hatte, als einzelne Brückenstege abgebaut wurden und auf Nimmer-Wiedersehen verschwanden wie in den 80er und 90er Jahren. Irgendwann gewöhnt man sich dann an die veränderte Situation.
Nur diesmal liegt der Fall anders. Nach einem halben Jahr sollen die Brückenstege wieder zurückkommen, gesandstrahlt, repariert und frisch lackiert für die nächsten 120 Jahre.
Schwebende Brücken über der Yorckstraße – kommen im September saniert wieder, für den Fuß- und Radverkehr #radberlin pic.twitter.com/oaHBTOiXSE
— Christian Gaebler (@cjgaebler) 30. Januar 2016
Die ersten vier Yorckbrücken werden saniert schreibt die BZ, so als sei schon klar, dass die anderen 18 sanierungsbedürftigen Brücken anschließend auch dran wären.
#bz: Yorckstraße: Jetzt werden die ersten vier Brücken saniert https://t.co/Q85ZYJWJ3o #berlin
— Berlin Aktuell (@berlinaktuell) 30. Januar 2016
Doch dem ist leider nicht so. Der Tagesspiegel hat dankenswerterweise nicht nur über „MORINI ICK-LIEBE-DIR-FÜR-SEMPRE“ berichtet,
“Morini, ich liebe dir für sempre” Berlin’s Yorckstrasse bridges are history https://t.co/X9pXakVTsi
— Deborah Cole (@doberah) 31. Januar 2016
. . . sondern auch über die geplanten Kosten der Sanierung. Laut Staatsekretär Gaebler sollen ca. 4 Millionen € für die fünf Brückenstege bereitstehen – aus verschiedenen Töpfen: EU, Bund, Land Bezirk. Land Berlin soll angeblich nur 10% bezahlen müssen, zitiert die Berliner Morgenpost Herrn Gaebler.
OK, ist zwar teuer, aber zahlen ja zum großen Teil die anderen. Anders ist der Hinweis des Staatsekretärs auf die 10% nicht zu verstehen. Herr Gaebler möchte offensichtlich nicht als Verschwender von Steuergeldern dastehen, sondern als der coole Hund, der Millionen von Euros bewegt mit nur 10% Einsatz.
Aber wer hätte gedacht, dass es 800.000,- € braucht, um eine Yorckbrücke zu sanieren? Als der Bezirk Tempelhof-Schöneberg 2008 das Gutachten zu den Yorckbrücken vorstellte, war von 100.000,- € pro Brückensteg die Rede.
Die Yorckbrücke Nr. 5 wurde 2012 saniert. Damals gab der Bezirk an, an, die Sanierung sei mit 423.000,- € aus dem Programm Stadtumbau West finanziert worden [Link zur Bezirksseite]. Wie hoch die genauen Kosten waren und wie sie sich aufschlüsseln, war leider nicht zu erfahren. Seit Mai 2015 weigert sich der Bezirk, eine entsprechende Anfrage zu beantworten. [Link zur Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz]
Gegenüber den Kosten von 2012 bedeuten die 800.00,- pro Brückensteg also nochmal fast eine Verdoppelung. Rechnet man den Betrag von 800.000,- € auf die 18 weiteren verrosteten Brückenstege hoch, kommt man auf eine Summe von 15 Mio. €. Völlig klar, dass in absehbarer Zeit niemand soviel Geld für soviel Rost aufbringen wird.
Die Yorckbrücken stehen unter Denkmalschutz – als Ensemble. Die 18 nicht sanierten Brückenstege werden jedoch weiter vor sich hinrosten. Irgendwann wird es gefährlich werden, wenn Teile abplatzen und herunterfallen. „Gefahr im Verzuge“ wird es dann heißen, und dass kein Geld da sei für die weitere Sanierung. Dem Erhalt der Yorckbrücken als Ensemble kommen wir mit den jetzigen Aktion also kaum näher. Eventuell wirkt sich die Ausgabe der 4 Mio. € sogar negativ aus, weil dann das Argument kommen könnte, jetzt haben wir doch schon soviel ausgegeben, mehr ist nicht zumutbar, also müsse man sich mit dem Abriss der nicht mehr verkehrssicheren Brückenstege abfinden.
Sanierung der #Yorckbrücken 4 Millionen Euro für Fuß- und Radverkehr in #Berlin https://t.co/qdRwHs8qae pic.twitter.com/JAbXcN4XuX
— VCD Nordost (@VCD_Nordost) 31. Januar 2016
Dienen die vier Millionen wenigsten einem gutem guten Zweck, wie der VCD überzeugt ist?
Für den Fahrradverkehr ist vor allem die Brücke 10 wichtig und als Ersatz die Brücke Nr. 11, wenn die Brücke Nr. 10 instandgesetzt wird.
Als der Flaschenhalspark 2014 eröffnet wurde, wollte die Senatsverwaltung die Brücke Nr. 10 erst instandsetzen und dann eineinhalb Jahre später eröffnen. Erst nach Protesten, vielen gefährlichen Situationen beim Überqueren der Yorckstraße und kritischen Presseberichten lenkte die Senatsverwaltung ein und machte die Brücke Nr. 10 dann drei Wochen nach Eröffnung des Flaschenhalsparks auf. Nun heißt es, dass die Brücke im Herbst instandgesetzt werden soll, wenn die anderen vier Brücken zurück sind.
Wenn man die die zur Verfügung stehenden Gelder effektiv einsetzen möchte, sollte man diese Instandsetzung der Brücke Nr. 10 verschieben. Die Brücke stammt aus den 1930er Jahren, über sie fuhren bis kurz nach der Wende die Postzüge mit den Paketen für Westberlin. Die Brücke ist im guten Zustand und hält den Fahrrad- und Fußgängerverkehr auch ohne Instandsetzung noch Jahrzehnte lang aus.
Wichtiger wäre es, die Brücken aus den Jahren 1880 bis 1900 instand zusetzen, z. B. die vielen Brückenstege am östlichen Eingang zu den Yorckbrücken. Die für die Instandsetzung zur Verfügung stehenden Gelder sollten so eingesetzt werden, dass tatsächlich die Yorckbrücken als Ensemble gesichert werden.
Bei der jetzigen Aktion ist dies leider nicht der Fall. So perfekt es auch organisiert war, es hätte eine kostengünstigere Alternative gegeben. Anstatt die Brückenstege ins Yorckdreieck zu transportieren, hätte man sie auch im Ostpark, nördlich der Yorckstraße sanieren können. Der Transport auf die Hochfläche nordöstlich des Baumarktes im Yorckdreieck wäre entfallen, die Kosten für die Krananlagen, sicher ein sechsstelliger Betrag, hätten halbiert werden können.
Bilder
Die Sanierung der Yorckbrücken Nr. 11, 14, 15 und 17 beginnt