In der Bezirksverordnetenversammlung in Tempelhof-Schöneberg am vergangenen Mittwoch haben die beiden Parteien von SPD und Grünen in der BVV mit ihrer Mehrheit für einen Beschluss gesorgt, die Planungen für den Wannseebahngraben zügig umzusetzen. Mit „zügig“ ist hier gemeint, dass die Fällung der 91 Bäume noch vor Beginn der Vegetationsperiode am 1. März passieren soll, also in der kommende Woche. Eventuell schon ab Morgen könnten Frühaufsteher vor Ort miterleben, wie Grüne und SPD eine ihnen unliebsame Debatte durch den Einsatz von Kettensägen beenden lassen.
1116 Unterschriften hatte die BI Crellestraße für den Einwohnerantrag gesammelt, um sich für eine naturschonende Lösung einzusetzen. Mit diesem Einwohnerantrag haben die Antragsteller nach §44 Bezirksverwaltungsgesetz das Recht, ihr Anliegen in den Ausschüssen und in der BVV zu vertreten. Doch im Ausschuss für Stadtentwicklung am 11. 02. 15 sorgten SPD und Grüne dafür, dass der Antrag nicht behandelt wurde – obwohl sie selbst auf der BVV zuvor für die Überweisung des Antrags in den Ausschuss votiert hatten. Nun argumentierten sie, der Ausschuss Stadtentwicklung sei nicht zuständig, sondern der Ausschuss für Grün und Verkehr, der am 23. 02. 15 tagen sollte. Doch dann wurde der Antrag kurzfristig auf auf die Tagesordnung der BVV am 18. 02. 15 gesetzt und dort niedergestimmt, bevor der „zuständige“ Ausschuss für Grün und Verkehr darüber beraten konnte und ohne dass die Antragsteller wie gesetzlich vorgesehen die Möglichkeit hatten, ihre Argumente in der BVV zu vertreten.
Juristisch wird das Aushebeln der Bürgerbeteiligung sicher ein Nachspiel haben. Das haben Grüne und SPD sehenden Auges in Kauf genommen, so wichtig war ihnen das schnelle Baumfällen.
Ob es dazu kommt, werden die nächsten Tage zeigen. Der Bund für Naturschutz hat in einem Schreiben an den Bezirk darauf hingewiesen, dass die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Baumfällungen nicht gegeben seien. Die Baumfällgemeinschaft aus Grünen und SPD müsste also noch einen weiteren Rechtsbruch in Kauf nehmen, um die umstrittene Planung jetzt durchzusetzen.
Materialien
- Schreiben des BUND an den Bezirk Tempelhof-Schöneberg vom 17. 02. 2015
- Pressemitteilung der BI Crellestraße vom 19. 02. 2015
Update 23. 02. 15, morgens
Seit vier Uhr morgens wacht ein kleines Grüppchen an der Ecke Crellestraße/Langenscheidtbrücke und hofft darauf, dass nichts passiert. Gesellschaft leisten zwei Kollegen der Polizei und ein Radio-Reporter. Nachbarn kommen regelmäßig vorbei mit Wärmflaschen, Kaffee und Brötchen.
Update, 23. 02. 15, 12 Uhr Mittag
Der BUND (Bund für Naturschutz Deutschland, Landesverband Berlin) hat Klage beim Verwaltungsgericht eingelegt gegen die Rodungen. Nach Auffassung des BUND sind die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Rodungen nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hat den Bezirk Tempelhof-Schöneberg nun aufgefordert, entsprechende Unterlagen beim Gericht einzureichen und vor einer Entscheidung des Gerichts die Arbeiten vor Ort ruhen zu lassen.
Update, 23. 02. 15, 18:30 Uhr
Frisch aus dem Ausschuss für Verkehr und Grünflächen – Bezirksamt rudert zurück:
Es wird bis Oktober keine Fällungen geben!!!
Kommt am Samstag, 14.00 Uhr zur Langenscheidtbrücke – wir feiern dann mit einem Umtrunk :-))