von Matthias Bauer
Heute Nachmittag, ab 16 Uhr wird der dritte Bürgerdialog zum Baufeld “Urbane Mitte“ im Deutschen Technikmuseum (Trebbiner Straße 9) stattfinden. Welches Stück Stadt kann hier entstehen? lautet das Motto der Veranstaltung. Könnte es ein Stück Stadt werden mit 50.000 m² für Bildung, Kultur und Begegnung? Ist der Neubau für die Zentrale Landesbibliothek hier auf dem Baufeld am U-Bhf. Gleisdreieck vorstellbar?
Bis 2016 will die Senatsverwaltung für Kultur Standorte für den Bau einer Zentralen Landesbibliothek (ZLB) für Berlin prüfen und dann eine Entscheidung fällen. Zur Zeit stehen die AGB am Blücherplatz, das ICC, das Bestandsgebäude des Flughafen Tempelhof und das Völkerkundemuseum in Dahlem zur Diskussion. Mein Vorschlag lautet, auch das Baufeld „Urbane Mitte“ am U-Bhf. Gleisdreieck in diese Prüfung einzubeziehen.
Für jeden der bisher vorgeschlagenen Standorte gibt es sicher gute Gründe. Wie es auch gute Gründe gibt für den Erhalt der Stadtteilbibliotheken. Es wird beides gebraucht!
Hier an dieser Stelle möchte ich die Argumente für die ZLB auf dem Gleisdreieck darstellen.
In den letzten Jahren hat sich der Park am Gleisdreieck zu einem besonderen Ort entwickelt. Kaum jemand hatte mit einem solch großen Zuspruch erwartet. Selbst an Winterwochenenden sind es Tausende Menschen, die den Park nutzen. Sie flanieren, sie spielen, sie treiben Sport, sie treffen sich, sitzen auf den Holzstufen oder auf dem Rasen, machen Party, Musik und Theater, sie malen an den Pfeilern der Hochbahn, oder fahren nur kurz mit dem Fahrrad von Schöneberg nach Mitte, von Kreuzberg nach Tiergarten oder von Berlin nach Leipzig, bewirtschaften Gärten, sammeln Müll und leere Flaschen, gelegentlich auch Spritzen, auf. Ober schauen im Vorbeifahren aus der Hochbahn oder aus dem ICC dem Leben im Park zu. Alle zusammen schaffen eine neue Form von Urbanität, ein nicht immer konfliktfreies, aber überwiegend friedliches Nebeneinander unterschiedlichster Nutzungen, manchmal auch ein Miteinander. Es ist ein Park für alle.
Die Bibliothek, die neue Zentrale Landesbibliothek, ist eine Nutzung, die allen offensteht. Mit ihrem Eingang könnte sie sich diesem neuen urbanen Raum zuwenden. Der Park würde zur Adresse für die Bibliothek. Über den Park würde sich die Bibliothek mit der Umgebung vernetzen: Stabi, Kulturforum, Filmfestspiele, Technikmuseum und Tempodrom sind zu Fuß erreichbar, ebenso die Geschäftszentren des Potsdamer und Leipziger Platz sowie die gründerzeitlichen Kieze auf der Kreuzberger, der Schöneberger und der Tiergartener Seite. Etwas weiter, mit dem Fahrrad in 5 bis 10 Minuten erreichbar, sind Abgeordnetenhaus, Holocaustmahnmal, Brandenburger Tor, Reichstag und vieles mehr.
Wie kaum ein anderer Ort steht das Gleisdreieck für den öffentlichen Nahverkehr und zentrale Erreichbarkeit. Die Hochbahnen der U1 und der U2 prägen den Ort, später wird hier noch die S21 dazukommen. Fußläufig erreichbar sind die U7, die S1 und die S2 an der Yorckstraße, die Schifffahrt auf dem Landwehrkanal und der Regionalbahnhof am Potsdamer Platz.
In den letzten Monaten haben wir in verschiedenen Runden über mögliche Bebauungen am U-Bhf. Gleisdreieck gesprochen. Der städtebauliche Vertrag Gleisdreieck aus dem Jahr 2005 sieht hier ein Bauvolumen von 100.000 m² Bruttogeschossfläche vor. Die Aufgabe ist kompliziert wegen den zahlreichen Verkehren, die das Baufeld in der Höhe oder unterirdisch queren. Die denkmalgeschützten Verkehrsbauwerke der U1 und U2 sollen sichtbar bleiben. Das neue muss Durchblicke offen lassen, aber gleichzeitig sich behaupten als eigenständige Architektur. Wie sieht eine neue Bibliothek aus, die ihre Bestände in einem automatisierten Hochregallager verwaltet und die gleichzeitig ein Ort der Kommunikation, der Begegnung und des Studiums, der Arbeit 4.0 ist? Am Gleisdreieck könnte diese Bibliothek neu erfunden werden.
Im letzten Fachdialog am 20. Januar 2015 wurde klar, dass es auf dem Baufeld „Urbane Mitte“ am Gleisdreieck ein bis zwei höhere Gebäude mit 60 bis 90 Meter Höhe geben könnte. Als Nutzung wurde vorgeschlagen 30 bis 40 % „Lebendiger Nutzungsmix“, d. h. Gastronomie, Einzelhandel, Fitnessklubs, Wohnen, Hotel. Und 60 bis 70 % sollten Büroraumraum werden, z. B. als Headquarter international tätiger Unternehmen.
Die ZLB würde diesen Nutzungsmix etwas verändern, zugunsten von 50.000 m² Bildung, Kultur und Begegnung.