Bewertung der Stellungnahmen der Bürger zum Bebauungsplan

Volle Transparenz bei der „Urbanen Mitte“

fordert die Bezirksverordnete der SPD, Hannah Sophie Lupper mit ihrem Antrag, der auf der nächsten Bezirksverordnetenversammlung am 19.10.2022 auf der Tagesordnung steht. Mit diesen Antrag möchte Hannah Lupper ihr Versprechen einlösen, das sie beim Gespräch am Bauzaun zur Urbanen Mitte am 18. September 2022 gegeben hat, nämlich sich dafür einzusetzen, dass die Stellungnahmen der Bürger zum Bebauungsplan unabhängig bewertet werden. Der Antrag im Wortlaut:

Volle Transparenz bei der „Urbanen Mitte“

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Das Bezirksamt wird aufgefordert, eine Auswertung der noch einmal vorgesehenen Beteiligung der Öffentlichkeit ergebnisoffen und transparent durchzuführen. Das kann durch eine Auswertung durch die Verwaltung selbst oder durch die Beauftragung eines Büros, das in keinem Zusammenhang zum Investor steht erfolgen. Insbesondere muss die Beauftragung vom Bezirk und nicht vom Investor finanziert werden.

Begründung:

Das Bauprojekt wird von erheblichem öffentlichem Interesse begleitet. Das Bezirksamt muss dafür Sorge tragen, dass das Verfahren transparent und für alle nachvollziehbar durchgeführt wird.

Der Antrag geht in die richtige Richtung. Denn bisher war es übliche Praxis bei Bebauungsplänen – nicht nur bei der „Urbanen Mitte“ – , dass die Gutachter von den Investoren beauftragt werden, ebenso die Planungsbüros, die den Bebauungsplan erarbeiten, die Ergebnisse der Gutachten (Naturschutz, Klima, Versiegelung, Verkehr usw.) bewerten und in die Begründung zum Bebauungsplan einarbeiten.

Dann, nach der Auslegung der öffentlichen Bebauungsplanunterlagen sind es wiederum die gleichen Personen, die die Stellungnahmen der Bürger bewerten sollen, und damit auch Kritik an ihrer eigenen Arbeit. Wundert es jemand, dass egal wie stichhaltig Argumente sein können, einfach fast alles weggewogen wird? Das wäre ungefähr so, wie wenn der FC Bayern München bei Auswärtsspielen immer sein eigenes Schiedsrichterteam einsetzen könnte. Völlig menschlich, dass die dann nicht unabhängig wären.

Ein typisches Beispiel

Bei der Auslegung des Bebauungsplan Flottwellpromenade B-Plan VI-140h VE gab es eine kritische Stellungnahme zum Baumgutachten. Darin hieß es:

Das Baumgutachten wurde Ende Januar/Anfang Februar 2011 erstellt. Wenige Tage vor der Erstellung des Gutachtens wurden auf dem Grundstück zahlreiche Bäume gefällt. Diese Arbeiten wurden von der Grundstückseigentümerin damals auf Nachfrage als normale Pflegearbeiten bezeichnet. Der Gutachter muss die noch frischen Baumstümpfe gesehen haben. Dass sie in dem Gutachten nicht vorkommen, ist nicht nachvollziehbar.

In der Abwägung zum B-Plan VI-140h VE, Seite 91 wurde die Stellungnahme folgendermaßen beantwortet:

Durch die Fachgutachter Gast/Leyser wurden die Bäume kartiert, die gemäß Baumschutzverordnung geschützt sind. Tote oder gefällte Bäume fallen nicht unter die Baumschutzverordnung. Die vorgefundene Situation bildet die Ausgangssituation für das Gutachten. Die Hinweise führen nicht zu Änderungen. Keine Auswirkungen auf den B-Plan.

Der Antrag von Hannah Lupper geht also in die richtige Richtung. Könnte aber scheitern an der Haushaltsproblematik. Denn der Bezirk hat kein Geld, die Gutachter und Planer selbst zu bezahlen. Die Unabhängigkeit der Abwägung müsste anders gewährleistet werden, in dem der Bezirk zwar unabhängige Gutachter beauftragt, die Finanzierung müsste jedoch weiter durch den Investor erfolgen. Wahrscheinlich wird der Antrag dann von der BVV in die Ausschüsse verwiesen werden. Hoffen wir, dass dort dann eine sachgerechte Lösung gefunden wird.

3 Kommentare zu “Volle Transparenz bei der „Urbanen Mitte“

  1. Stark gekürzt aus:

    “Berliner Zeitung vom 21.10.2022 Seite 7

    Streit um Hochhausplanung am Gleisdreieck

    Ein Investor will sieben bis zu 90 Meter hohe Gebäude errichten. Der Widerstand wächst

    ….

    “Wir gehen von einer Investitionssumme von über einer Milliarde Euro für die gesamte Urbane Mitte aus”, teilt ein Sprecher der Investoren auf Anfrage mit.

    ….

    Aus dem Bezirksamt sind mittlerweile ebenfalls kritische Töne zu vernehmen.

    ….

    Der Bezirk habe sich daher an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gewandt, um zu erfragen, inwieweit sich diese “der kritischen Haltung anschließen” könne.

    Das Ergebnis fiel eindeutig aus. Die Senatsverwaltung kann sich der kritischen Haltung nicht anschließen. “Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Prüfung des Projekts ist abgeschlossen”, sagt Behördensprecher Martin Pallgen. “Mit dem Rahmenvertrag Gleisdreieck konnte die Parkfläche von 16 Hektar auf 26,8 Hektar dauerhaft erweitert werden”, so Pallgen. Das Erweiterungsgrundstück des Parks sei Berlin von der Eigentümerin der Flächen überlassen und dessen Erschließung vorfinanziert worden.

    “Demgegenüber stand die vertragliche Zusage des Landes Berlin, Baurecht auf den übrigen Bahnflächen zu ermöglichen”, so Pallgen. “Nun muss Berlin seine eingegangenen Verpflichtungen einlösen. Vertragstreue funktioniert nicht einseitig.”

    ….

    Wie hoch eine Entschädigung ausfallen würde, falls sie denn fällig wird, lässt sich schwer sagen. Allein zu den Grundstückswerten kursieren verschiedene Zahlen. So wurde im Zuge der Umschreibung des Eigentums der Grundstücke am Gleisdreieck auf die Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. vom Rechtsanwalt der Urbanen Mitte mit Schreiben vom 30. September 2021 gegenüber dem Grundbuchamt als “Verkehrswert für den Grundbesitz” ein Betrag von 11,3 Millionen Euro angegeben ….

    Am 1. November 2020 war bei einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. laut Protokoll der Verkehrswert der zugrunde liegenden Immobilie auf 162 Millionen Euro beziffert worden. Ein Fonds der Deutschen Landentwicklung (DLE), der mit einem Kredit den Erwerb von 89 Prozent der Urbanen Mitte GmbH finanziert hat, gab den Marktwert mit Stand vom 30. November 2020 sogar mit 204 Millionen Euro an. …. ”

    Volltext: https://bib-voebb.genios.de/document/BEZE__dda68eafd7b9d01e59b11764f0f0ce219d0e0c2a

  2. ich schlage vor, den Spiess mal umzudrehen und dass die AnwohnerInnen die Abwägung vornehmen. Dazu wären bestimmt viele ehrenamtlich bereit, kostet den Bezirk keinen Cent…

  3. Liebe kolleginnen,
    das sehe ich nicht so wie ihr.
    a) Volle Transparenz war in eurem Fall immer gegeben. Der Antrag von Frau Lüpper ist doch nur Läppisches fürs Schaufenster. Ich beziehe mich auf eure Kommentare:
    b) Bislang habt ihr nicht darlegen können, daß das BA interessengeleitete Gutachter beauftragt hätte. Wennschondennschon der Senat wg. der komplexen Verkehrs- und Baulage. Da kenne ich aber auch nichts.
    c) Wir Friedrichshainer sind auch geschädigte des “Planwerk Innenstadt”, das aus der gleichen Zeit kommt (sog. Anschutz-Gelände). Bis heute würden wir aber nicht auf den Gedanken kommen, daß uns das BA-FK (hier Herr Peckskamp) hintergangen hätte.

    Gruß, Micha
    stadtteilbüro friedrichshain

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