Baumarkt im Yorckdreieck

Infoveranstaltung abgesagt, was nun?

Die für den 17. Mai geplante Infoveranstaltung im Rathaus Kreuzberg zum Bau des Hellweg-Baumarktes im Yorckdreieck ist abgesagt worden. Dies ist schade, denn die Veranstaltung hätte etwas Licht ins Dunkel um die Auseinandersetzung um den Baumarkt bringen können. So bleibt die Kontroverse zwischen den beiden beteiligten Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg unaufgeklärt. Ist es tatsächlich so, dass „ . . . alle bisherigen Einwendungen aus unserem Bezirk wurden bis jetzt jedoch ignoriert“ wie Baustadtrat Krömer es im Rathaus Schöneberg formulierte?
Seit Herbst letzten Jahres gab es zwei Anträge im Bezirk Tempelhof-Schöneberg zum Thema, die im Stadtplanungsausschuss und in der BVV diskutiert wurden. In dem einen Antrag ging es unter dem Titel „konzeptionelle Nutzungsvorstellungen“ um die Zugänglichkeit und öffentliche  Nutzbarkeit des Sportplatz auf dem Dach des Baumarktes, d. h. die Dauer und die Verteilung von Nutzungszeiten, die dafür auf den Bezirk zukommenden Kosten und die Realisation von Öffnungs- und Schließzeiten etc.

Am Mittwoch, den 12. 1. 2011 berichtet Baustadtrat Krömer im Stadtplanungsausschuss dazu, dass es einen Grundkonsens zwischen dem Dezernenten für Sport aus Tempelhof-Schöneberg und dem Baudezernenten in Friedrichshain-Kreuzberg gäbe. Die Einzelvereinbarungen müssen die Sportämter  der beiden Bezirks treffen. Also alles paletti.

Zum Bauvorhaben selber gab es einen Antrag, den die BVV Tempelhof-Schöneberg mit Unterstützung aller Parteien am 17. 11. 2010 beschlossen hat und der auch auf diesem Blog unter der Überschrift “SPD und Grüne vergessen den Sport“ vorher intensiv diskutiert worden war: In der Kernaussage des Antrags ging es um die Platzierung des Gebäudes auf dem Grundstück. Wörtlich heißt es da:

“Die Bebauung auf dem Grundstück ist so zu disponieren, dass sich der Baukörper zur Yorckstraße hin orientiert und der Parkplatz im hinteren Grundstücksbereich angeordnet wird. Die Lage des Baukörpers soll dabei nicht verändert werden und der Planung vom12.4.2010 entsprechen.“

Dieser Antrag versuchte die Quadratur des Kreises. Einerseits sollte die Bebauung anders auf dem Grundstück platziert werden, aber gleichzeitig sollte die Lage des Baukörpers unverändert bleiben. Diese Widersprüchlichkeit schien die Mitglieder des Stadtplanungsausschuss (die auch wussten, dass die Fläche von der U-Bahnlinie 7 unterfahren wird, was ein andere  Lage des Gebäudes quasi unmöglich macht) und der BVV Tempelhof-Schöneberg damals jedoch nicht zu stören.

Nun zeigt sich, dass hinter den widersprüchlich formulierten Vorbehalten noch ganz andere Dinge stecken.

„Der vorgelegte Planungsentwurf ist hinsichtlich Lage, Ausrichtung und Fassadengestalt der Baukörper sowie Frei- und Grünflächengestaltung mit der anzustrebenden städtebaulichen Aufwertung des Areals und der Stärkung der angrenzenden Wohngebiete nicht vereinbar,“

zitiert Baustadt Krömer aus einem Schreiben der Senatsverwaltung und fügt hinzu, dass er sich in seiner kritischen, ablehnenden Haltung gegenüber dem Baumarkt durch die Senatsverwaltung bestätigt sieht.

Was will Baustadtrat Krömer? Ein Wahlkampfmanöver abziehen? Will er den Baumarkt an dieser Stelle grundsätzlich verhindern? Und was wäre die Alternative zu dem Baumarkt im Yorckdreieck?

Der städtebauliche Vertrag zwischen Land Berlin und dem früheren Grundstückseigentümer VIVICO sieht eine sehr hohe Grundstücksausnutzung vor, eine GFZ von 4,0. Damit könnten hier Hochhäuser gebaut werden, eine „Eiger-Nordwand“ wie Bürgermeister Schulz sich ausdrückte, die den zukünftigen Gleisdreieck-Park verschatten und die Belüftungsschneise in Richtung südlichen Stadtrand einschnüren würde. Ist das die Aufwertung, die sich Baustadtrat Krömer wünscht, einen  Ableger des Potsdamer Platzes an der Yorckstraße?

Durch das Projekt des Baumarktes würde hingegen nur ein kleiner Teil des rechtlich möglichen  Bauvolumens realisiert, die Höhe des eingeschossigen Gebäudes beträgt 11 m, der Luftaustausch zwischen Gleisdreieckpark und Flaschenhalspark wird dadurch kaum eingeschränkt werden. Auf dem Gebäude würde der für den Schöneberger Norden wichtige Fußballplatz gebaut werden, ohne dass dafür öffentliche Gelder benötigt werden, mit genügend Abstand zur Wohnbebauung und ohne dass die knappe Parkfläche oder Gärten plattgemacht werden müssten. Und über den Parkplatz des Baumarktes würde ein ebenerdiger  Zugang zum Gleisdreieckpark entstehen. Natürlich muss die Verkehrsproblematik betrachtet werden. Kein Baumarkt ohne Parkplatz. Doch muss mitgedacht werden, auch alle anderen Nutzungen, ob Bürohochhaus oder Kaufhaus, Verkehr produzieren, auch die bisherige Nutzung des Yorckdreiecks durch den internationalen Autohandel hat erheblichen Verkehr produziert.

Die Vorteile für den Stadtteil des Schöneberger Nordens überwiegen. Der zusätzliche Eingang zum Park, der neue Sportplatz, der Erhalt der Frischluftschneise. Und endlich mal eine Investition, die keine gentrifizierende, keine die Mieten steigernde Wirkung auf die Nachbarschaft hat. Aber dann sieht es hier ja aus wie in der Vorstadt von Castrop-Rauxel, ist eine weitverbreitete Befürchtung!  „Ideen muss man haben“ lautet das Werbemotto des Hellweg-Baumarktes. Mit dem Projekt an der  Yorckstraße könnte Hellweg nun zeigen, dass sie tatsächlich Ideen haben – für eine großstädtische Fassade.

Veröffentlicht in Yorckdreieck

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5 Kommentare zu “Infoveranstaltung abgesagt, was nun?

  1. Ende gut – alles gut? Flachbau statt Eigernordwand?

    Ich möchte auf folgenden Pferdefuß im städtebaulichem Rahmenvertrag zum Gleisdreieck hinweisen:

    2005 einigten sich die Vertragspartner (VIVICO, Senatsverwaltung und Bezirksamt Friedrichhain/Kreuzberg) auf folgende Passage:
    “Eine nach Art veränderte oder Maß verminderte planungsrechtlich zulässige Nutzung in einem Baufeld der Vivico soll im Einvernehmen mit Vivico vorrangig in einem anderen Baufeld ausgeglichen werden”.

    Für das Baufeld an der Yorckstraße erlaubt der Rahmenplan eine Geschossfläche von 4,0, die von Hellweg aber nicht ausgeschöpft werden wird.

    Als Ausgleich für die nicht ausgeschöpfte Geschossflächenzahl auf dem Yorckdreieck kämen z.B. die drei Teilbaufelder an der Flottwellstraße in Frage. Die vereinbarte Geschossflächenzahl von 3,5 (sämtliche Baufelder auf dem Gleisdreieck überschreiten die Obergrenzen der zulässigen GFZ) liegt dort nur geringfügig unter der GFZ für das Baufeld an der Yorckstraße.

    Die AG Gleisdreieck und auch die Grünen haben die Ausweisung des Baufeldes an der Flottwellstraße bei Vertragsabschluss heftig kritisiert: Der Flächennutzungsplan sah dort ursprünglich keine Bebauung, sondern Ausgleichsfläche vor. Durch die Bebauung wird die Frischluftschneise in der Nähe des Landwehrkanals auf einen schmalen Korridor reduziert. Die Vorstellung, dass die nicht ausgeschöpfte Bebauungsdichte auf dem Yorckdreieck eine noch dichtere Bebauung an der Flottwellstraße zur Folge haben könnte (Eigernordwand an der Flottwellstraße!), finde ich unerträglich.

    Ich frage mich, ob dieses Aufatmen, dass endlich mal eine Investition kommt, die keine gentrifizierende Wirkung hat, wirklich angebracht ist, wenn man sich den Rattenschwanz ansieht, den der Hellwegbau nach sich zieht.

    Last not least, Hellweg hat sich nicht gerade sympathisch eingeführt: Anzulasten sind der Firma die illegalen Baumfällungen auf dem Gelände, außerdem die vollmundigen, nicht eingehaltenen Versprechungen. Ich hoffe, der Gegend um das Gleisdreieck bleibt der wuchtige, mehr zu einem Gewerbepark als zu einem Wohngebiet passende Baukörper erspart! Fragen muss man sich auch, warum das Land Berlin beim Gleisdreieck so viele Kröten geschluckt hat.

  2. Auch von mir einige Anmerkungen zu diesem Artikel:

    1.
    Im Umkreis des geplanten Baumarkts gibt es sehr wohl Einzelhandel, der durch die Ansiedlung von Hellweg kaputtgemacht werden würde. Der Baumarkt wäre also keineswegs ohne negativen Einfluß auf die Sozialstruktur und gewerbliche Infrastruktur im Kiez.

    2.
    Wenn es ein Argument für einen Baumarkt ist, daß er der Gentrifizierung entgegewirke, dann möchte ich dem entgegenhalten, daß dieser Effekt noch viel wirkungsvoller mit einer Kläranlage oder einer Sondermülldeponie erzielt werden könnte.

    3.
    Mit dem Aufbau der Eiger-Nordwand als Drohkulisse befinden wir uns mitten in der politischen Landschaft des Taktierens, der “kleineren Ãœbel” und faulen Kompromisse. Nicht, daß ich die Eiger-Nordwand als Beweggrund für Krömer & Co. ausschließen würde. Aber nur weil ich diese nicht will, muß ich keinen Baumarkt mögen.

    4.
    Wenn hier aus dem platten Werbespruch eines Baumarktbetreibers Hoffnungen auf dessen städtebauliche Kompetenzen und Ambitionen abgeleitet werden, dann kann ich nur sagen: da glaube ich doch lieber an den Weihnachtsmann.

  3. Hallo Matthias!
    Du hast ja in vielem Recht. Aber die Sorgen und Befürchtungen, die damals schon spontan hochgekommen waren, als wir das erste Mal aus dem Rathaus F-K von dem Ansiedelungsplan Fa. Hellweg hörten, die existieren doch heute noch genauso!

    Statt insgesamt weniger Ruhe und Dreck, statt die Yorckstraße und den Yorckbrückenbereich, d.h., den Ost-West-Ost-Verlkehr zu beruhigen (siehe Gutachten des BA T-S), statt für die Bautzener Straße mit Verkehrsberuhigung wiklich ernst zu machen und z.B. in einem ersten Schritt den LKW-Verkehr dauerhaft zu verbannen usw.

    wird auf Dauer wohl mehr Verkehr und Lärm produziert und die Lebensbedingungen der hier lebenden Menschen verschlechtert, statt verbessert!

    Statt die ehemaligen Bahnflächen des Gleisdreiecks zwischen den Bezirken F-K und T-S gemeinsam und im Zuge der Realisierung der großen grünen Nord-Süd-Durchwegung zu planen und zu realisieren, wird auf die jeweilige regionale Zuständigkeit gepocht. Die gemeinsame Verantwortung ist beiden Bezirken nicht im Blick! Dass da jetzt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erst einmal den Veränderungsprozess anhält, das ist doch hochvernünftig und hätte aus meiner Sicht schon viel früher passieren müssen. Da sind ja zum Thema Gleisdreieck nicht nur Theoretiker/innen am Werk, sondern da gibt es ja auch menschen, die seit langem mit viel Sympathie und Wohlwollen die Gleisdreieckveränderung mitgestalten und mitverwntworten.

    Was tatsächlich nur dem Wahlkampf und nur Herrn Krömer geschuldet ist, das kann ich aus eigener Anschauung nicht sagen, da müsste ich spekulieren. Ich finde das auch ganz vernünftig, was in http://www.spd-in-schoeneberg.de veröffentlicht wurde. Und Lars Obergs Kiezspaziergang nur unter Wajhlkampf abzuhaken, der ist nun wirklich nicht mehr seriös! Der Lars Oberg kümmert sich seit Jahren um den Kiez und all seine Belange, insbesondere wir in der AIF-Bautzener Straße hatten über lange Zeit einen intensiven Austtausch. Und da war überhaupt keine Wahlkampfzeit.

    Und der barrierefreie Zugang zum neuen Gleisdreieckpark (West-und Ostpark) aus Bautzener Kiez/Kulmer Kiez und den angrenzenden südlichen Schöneberger Stadtquarteiren? Wir von der AIF-Bautzener Straße haben in ersten Flugblätter bereits 2006 attraktive Zugänge angemahnT. Da hat jahrelang niemand so richtig reagioert, weder aus dem BA F-K noch aus dem BA T-S! Aber die Frage der verschiedenen barrierefreien Zugänge ist eine ganz wichtige und immer noch offene Frage!

    Und last not least! Was muss man das Hellweg-Szenario denn dahingehend einschätzen: Kommt es zu dem dauerhaften und rechtsfesten Verzicht der Fa. Hellweg auf mögliches (=baubares) Bauvolumen? Was ist, wenn der Baumarkt nach 5 Jahren floppt und die Fa. Hellweg das Gelände verkauft? Kann dann doch die “Eiger-Nord-Wand” kommen, mit der ab und an ja und Befürchtungen geschürt werden?

    Ich finde es insgesamt gut, wenn jetzt in Ruhe nachgedacht werden kann! Es ist gut, wenn jetzt Tempo herausgenommen wurde! Denn es geht auch um Aufwertung des Kiezes (= ehemaliges Sanierungsgebiet). Wer wollte das nicht, dass sich etwas verbessert? Angstmache, dass der Schöneberger Norden künftig zum Yuppiegebiet wird, sind doch wirklich nicht seriös und hilft bei der künftigen Diskussion und Entscheidung der Frage “Ansiedlung Fa. Hellweg Ja oder Nein” fehl am Platz Denn die Investition und Ansiedelung soll ja an der Schnittstelle zum QM-Gebiet Schöneberger Norden und im definierten Gebiet des Stadtumbau-West-Projektes “Schöneberger Südkreuz” sowie in unmittelbarer Nähe von Parklanfdschaften stattfinden. Da muss doch etwas qualitativ städtebaulich Hochwertiges enstehen! Und es muss sozialverträglich zum Schöneberger Norden sein! Ich hoffe das ist unser gemeinsamer Konsens!
    In disem Sinne und mit herzlichem Gruß
    Erko

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