Ein Wortprotokoll wird demnächst auf den Seiten des Bezirks zur Verfügung stehen. Hier nun eine selektive Zusammenfassung der Argumente. Hauptanliegen der beiden Antragsteller für die Einwohnerversammlung war die Kritik an den vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg geplanten Zugängen vom westlichen Vorplatz der Yorckbrücken in das dort ca. 4,5 m höher liegende Bahngelände.
Die Argumente
- Die Zugänge sind nicht wirklich barrierefrei, weil sie zu Angsträumen werden könnten.
- Die Zugänge sind ein Bauwerk auf Zeit. In ca. 10 Jahren, wenn die neue S-Bahnlinie S21 kommt, muss alles zurückgebaut und ein Ersatz hergestellt werden.
- Der Bau der Zugänge, insbesondere der Rampe bedeutet vermeidbare Versiegelung und vermeidbaren Verlust an Grün.
Aus diesen Gründen muss nach Alternativen gesucht werden. Alternativen könnten sein
- Außen vor die Bahnmauer gesetzte Treppen
- Ergänzung der Treppen mit einer barrierefreien Rampe von der Mittelinsel der Yorckstraße
- Ergänzung der Treppen mit einem Fahrstuhl auf der Südseite der Yorckstraße
Die vom Bezirksamt geplante Rampe ist nicht wirklich barrierefrei . . .
Durch Durchbrüche in der Bahnmauer ereicht man den Treppenraum auf der Südseite und den Treppenraum auf der Nordseite, an den sich die 100 m lange Rampe anschließt. Die Befürchtung ist, dass sich diese Räume zu Angsträumen entwickeln könnten. Denn zu Beginn steht man hier – vom Straßenraum aus nicht mehr sichtbar – zwischen 4,5 m hohen Wänden. Die Wände sind am Fußpunkt der Rampe und am Fuß der Treppen quasi senkrecht. Im weiteren Verlauf der Rampe sind die Böschungen so steil, dass sie befestigt werden müssen. Wahrscheinlich wird es nach Urin riechen und es gibt Befürchtungen, dass diese Räume auch zu Schauplätzen von Drogenkonsum und -handel, zu Alkoholexzessen und Schlimmeren werden könnten. Für manche Bewohner würden sie so zum Angstraum und sind somit nicht barrierefrei. Barrierefreiheit kann nicht auf die Frage von < 6% Gefälle reduziert werden, sondern muss umfassend betrachtet werden.
oder ist die Rampe doch barrierefrei . . . ?
Dagegen sprach Herr Tibbe von der Gruppe Planwerk. Er stellte die Rampe als lichtes Bauwerk dar. In einer der Ansichtszeichnungen wurde der Blick durch den Durchbruch in den Treppen- bzw. Rampenraum dargestellt, als sehe man auf eine Rasenfläche. Auch im Längsschnitt wurde die Böschung grün dargestellt. Die Steilheit der Böschung wurde lediglich durch einen Schnitt im nördlichen Bereich der Rampe gezeigt, nicht durch einen Querschnitt im unteren Bereich oder gar am Fußpunkt, wo der Höhenunterschied 4,5 m beträgt. Herr Tibbe behauptete, die Neigungswinkel der Böschungen würden ungefähr 45 Grad betragen und damit den anderen, schon gebauten Rampen am Gleisdreieck gleichen.
Wer sich den Vergleich der beiden Rampen mit den Magenta eingefärbten Böschungen im Luftbild ansieht, wird feststellen, dass diese Behauptung von Herrn Tibbe schlichtweg falsch ist.
Für die S21 wird ein Rückbau der Rampe notwendig werden
Für 2025 wird mit dem Bau der S21 gerechnet. Bei allen Bauvorhaben wird diese Planung berücksichtigt, z. B. beim Bauvorhaben „Urbane Mitte am U-Bhf-Gleisdreieck“ oder dem Scandic-Hotel am Potsdamer Platz. Jetzt ein Bauwerk für mehrere hunderttausende Euros zu errichten, das 2018 fertig werden soll und eventuell schon 2025 wieder zurückgebaut werden muss, ist nicht nachhaltig. Eigentlich ein KO-Kriterium für jede Planung. Aus welchem Budget der Rückbau und der dann notwendige Ersatzbau dann bezahlt werden würde, das konnte und wollte auf der Einwohnversammlung niemand beantworten, obwohl dies natürlich eine wichtige Frage ist – auch für den Bezirk FriedrichshaÃn-Kreuzberg, auf dessen Gebiet die umstrittene Rampe liegt.
Die Überlagerung zeigt, dass die Gleisachse der S21 auf dem im Westpark nach Süden führenden Weg liegen wird. Das bedeutet der Weg müsste nach Westen verschoben werden und die Rampe dann ebenso. Westlich ist jedoch nicht mehr genug Platz für beides. Die Tatsache, dass die Planung für die Rampe und die der S21 sich überlagern, stellte niemand in Frage, zu eindeutig war die Darstellung mit Hilfe der Bahnplanung aus der Senatsverwaltung und den im Auftrag der Grün Berlin GmbH erstellten Vermesserplänen.
In Frage gestellt wurde jedoch die Tatsache, dass die S21 tatsächlich in absehbarer Zeit gebaut werden wird. Dies behauptete Herr Wohlfahrt vom Alm aus der Senatsverwaltung, der sagte, es sei noch völlig offen, ob die S21 gebaut würde. Nur – Herr Wohlfahrt von Alm ist in der Senatsverwaltung für Straßen und Plätze zuständig – nicht für Bahnplanung. Ob seine Falschinformation nun auf Nicht-Wissen basiert, darüber kann man nur spekulieren. Stadträtin Dr. Klotz hätte es richtig stellen können. Bei der Bebauungsplanung an der Bautzener Brache, für die sie zuständig ist, wird die S21 ja selbstverständlich berücksichtigt. Viele andere Fachleute aus der Bezirks- und Senatsverwaltung, die zugegen waren, hätten Herrn Wohlfahrt von Alm korrigieren können. Doch alle schwiegen und ließen es zu, dass Herr Wohlfahrt von Alm der Versammlung Sand in die Augen streuen konnte. Erst am Ende der Veranstaltung griff Herr Kroll, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung die Frage auf, als er sagte, man werde das mit der S21 prüfen.
Mögliche Alternativen
Gesucht wird eine Lösung, die möglichst barrierefrei, naturschonend und kompatibel ist mit den zukünftigen Bahnplanungen. Als Alternative wurde eine zweistufiges Konzept vorgeschlagen: außenliegende Treppen und die Ergänzung der Treppen mit einer Rampe von der Mittelinsel und bzw. mit einem Fahrstuhl, um die Barrierefreiheit zu erreichen.
Alternative 1: außen liegenden Treppen
Alternative 2: Ergänzung der Treppen mit einer Rampe von der Mittelinsel
Bei der Konstruktion der Rampe profitiert man davon, dass die Mittelinsel etwas höher liegt als die Yorckstraße am Fuß der Yorckbrücken. Die Rampe muss nur 3,4 m Höhenunterschied überwinden – nicht 4,5 m. Für die 3,4 m benötigt die Rampe 10 Steigung mit Zwischenpodesten, was eine Strecke von gut 70 m ergibt. Sie muss also gewendelt werden beziehungsweise als Sinuslinie verlaufen, da der Abstand zur Mittelinsel etwas kürzer als 70 m ist. Die Mittelinsel müsste für die Rampe auf Kosten einer Fahrspur verbreitert werden. Gegen eine solche Rampe spricht, dass sie hohe Anforderung an die Architektur stellt – damit dort kein Betonmonster den Platz in zwei Hälften teilt – und die hohen Kosten. Für die Rampe spricht, dass sie kompatibel wäre mit allen zukünftigen Bahnplanungen, dass sie funktional beide Straßenseiten gleich behandelt, und dass sie zum städtebaulichen Zeichen werden könnte, wenn die architektonische Gestaltung gelingt.
Alternative 3: Ergänzung der Treppen mit einem Fahrstuhl auf der Südseite der Yorckstraße
Der Fahrstuhl ist in die Bahnmauer integriert, Abmessungen 2,4 x 1,8 m. Mit der Lage des Fahrstuhls auf der Südseite hätten außer den Anwohnern auch alle Fahrgäste der S-Bahn S1 und der U7 barrierefreien Zugang zur Schöneberger Schleife. Für den Fahrstuhl spricht, dass es die kostengünstigste aller barrierefreien Lösungen wäre. Da der Fahrstuhl ja auf Bahngelände stünde, könnte theoretisch auch die Bahn als Mobilitätskonzern angefragt werden, ob sie den Fahrstuhl betreiben könnte.
In der Diskussion wurden die Alternative 2, die Rampe von der Mittelinsel von niemanden aufgegriffen. Wahrscheinlich hätte ich diese ausführlicher darstellen müssen. Zur Fahrstuhlidee gab es einige Äußerungen, z. B. dass dies tatsächlich die kostengünstigste Lösung wäre, dass man aber Angst habe vor den Betriebskosten und vor Vandalismus, verständlich. Oder das gegen den Fahrstuhl spreche, dass es unbequem sei, ihn mit Fahrrädern zu benutzen, was hier natürlich Quatsch ist. Nur tatsächlich Gehbehinderte und Menschen mit Kinderwägen wären hier auf den Fahrstuhl angewiesen. Fahrradfahrer könnten leicht auf die barrierefreien Zufahrten in unmittelbarer Umgebung ausweichen.
270 m sind es zum Eingang bei Hellweg, bzw. 410 m zum Eingang am Bülowbogen in den Westpark des Gleisdreiecks und und 420 m zum zukünftigen Eingang in Grünzug am Crellemarkt. Wahrscheinlich war es ein Fehler, diese Zahlen auf dem Luftbild zu zeigen und abzuwägen, ob es möglich sei, auch mal bei einem Eingang auf die Barrierefreiheit zu verzichten. Sei sei entsetzt gewesen, dass man das überhaupt denken könne, sagte Frau Renker, bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zuständig für Grünplanung.
Was Frau Renker nicht sagte: in ihrer Funktion war sie auch beteiligt an der Planung der nicht barrierefreien Eingänge an der Obentraut- und an der Wartenburgstraße in den Ostpark des Gleisdreiecks. Knapp 350 m sind es vom Eingang Obentrautstraße bis zum nächsten barrierefreien Eingang an der Hornstraße. Der Verzicht auf die Barrierefreiheit am Eingang Obentrautstraße war jedoch damals eine nachvollziehbare, von ihr mitgetragene Entscheidung. Eine aufwändige Rampe an dieser Stelle, an der der Park sehr schmal ist, wäre kontraproduktiv gewesen. Aber was dort richtig ist und bis heute gut funktioniert, darf laut Frau Renker nun beim Westpark noch nicht einmal gedacht werden.
Weitere Vertreter der Verwaltung griffen diesen Punkt in gleicher Weise auf. Weil es natürlich leichter ist, moralische Vorwürfe zu formulieren gegen den Vorschlag der Alternative 1, als sich mit der tatsächlich barrierefreien Alternative Nr. 2 (Treppen ergänzt mit der Rampe von der Mittelinsel) und der tatsächlich barrierefreien Alternative Nr. 3 (Treppen ergänzt mit dem Fahrstuhl) auseinanderzusetzen. Eine Bereitschaft der Verwaltung, diese Vorschläge ernsthaft zu prüfen, war leider nicht spüren.
Zur Verkehrsplanung und Platzgestaltung
Hier hat sich bei den Planungen einiges geändert. Es wäre natürlich einfacher, hier einen Plan zu zeigen als die Änderungen mit Worten zu beschreiben. Jedoch sind die Pläne digital nicht verfügbar. Hoffen wir, dass die auf der Veranstaltung gezeigten Pläne dann zusammen mit dem offiziellen Protokoll der Einwohnerversammlung veröffentlicht werden.
Die Änderungen im Straßenraum
Die Ampelschaltung für Fußgänger beim Übergang über die Yorckstraße zur Mansteinstraße soll von 8 Sekunden auf 19 Sekunden Grünphase verlängert werden, so dass man die Straße in einem Zuge überqueren kann, wenn man zu Beginn der Grünphase startet. Nun soll auf einmal möglich werden, was Anwohner seit 25 Jahren vergeblich gefordert haben!
In der ursprünglichen Planung wurde der Fahrradweg auf der Nordseite der Yorckstraße westlich der Brücken auf der Fahrbahn weitergeführt. Nun soll er doch wieder oberhalb des Bordsteinkante verlaufen, was natürlich viel sicherer ist.
Die Verlegung der Parkplätze auf den Mittelstreifen der Göbenstraße ist entfallen. Dafür sollen die Parkplätze aus der Vorgartenzone vor den Häusern Yorck 43 bis 45 in die Sackgasse der Bülowstraße und in die Mansteinstraße verlegt werden. Auf Anregung von Anwohnern, die auf das Restaurant an der Ecke Yorck/Bülow hinwiesen und auf das Chaos in der Mansteinstraße an den Markttagen, versprach Herr Kroll vom Stadtentwicklungsamt diese Planung nochmal zu überdenken. Eine Anwohnerin aus der Mansteinstraße schlug vor, Teile des Crellemarktes außerhalb der Markttage zum Parken zu nutzen. Dort könne man ohne neue Versiegelung zusätzliche Parkplätze schaffen.
Planen mit Beteiligung der Anwohner und der Gewerbetreibenden?
Nicht aufgriffen wurde die Forderung, die Gestaltung des westlichen Vorplatzes der Yorckbrücken gemeinsam mit den Anwohnern und Gewerbetreibenden zu machen. Wie werden die Terrassen anstelle der Vorgärten gestaltet? Welche Zufahrten müssen bleiben für Feuerwehr, wie geht man um mit den Vorgärten, die teilweise von Mietern gepflegt werden? Solche Fragen wären in einer Arbeitsgruppe mit den betroffenen Anwohnern und Gewerbetreibenden leicht lösbar. Aber das ist offensichtlich von den Planern im Amt nicht beabsichtigt. Obwohl mehrfach gefordert ging niemand aus der Verwaltung auf diesen Vorschlag ein. Stattdessen solle es nochmal eine Infoveranstaltung geben, wahrscheinlich wenn behördenintern alles festgelegt ist.
Zum Schluss noch die Kosten und der Zeitplan
Gebaut werden soll von 2016 an, Fertigstellung ist geplant im Jahr 2018. Die Kosten betragen etwas über 2,1 Mio. €, davon entfallen 1,5 Mio auf den Umbau des Straßenraums, 600.000 € entfallen auf die Zugänge ins Bahngelände, also die Kosten für Treppen, Instandsetzung der Bahnmauer und die Rampe, Abfangung des 4,5 m hohen Bahndamms, Kreuzung von Kabelkanälen, alles inklusive. Auf die Rampe sollen 238.000 € entfallen – ein unglaublich niedriger Wert.
Nicht enthalten in diesen Kosten ist der Weg im Bahngelände, der Westpark und Grünzug an der Wannseebahn verbindet, die Sanierung der historischen Yorckbrücke Nr. 1 und der Umbau der Baulogistikbrücke (Yorckbrücke Nr. 2), die aus dem Jahr 1993 stammt.
Materialien
Matthias Bauer