NO-SLAPP

Die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg verurteilt die Klagen der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. gegen die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e. V.

Auf ihrer Sitzung am 26.03.2025 hat die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg eine Resolution verabschiedet, mit der Sie die Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. aufruft, die Klagen gegen die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck und den Verfasser des Gleisdreiecks-Blogs zurückzuziehen. Die Senatsverwaltung wird in der Resolution aufgerufen, die Klageverfahren ebenfalls zu missbilligen und die Kooperation mit dem Vorhabenträger grundsätzlich zu überdenken. Die Resolution wurde mit den Stimmen von Grünen, Linken und SPD angenommen, die CDU enthielt sich.

Wir dokumentieren hier die Resolution der BVV im Wortlaut sowie weiter unten eine Stellungnahme der Urbane Mitte Besitz S.à.r.l als PDF-Dokument ebenfalls vom 26.03.2025. In der Stellungnahme der Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. wird betont, der Vorhabenträger sei immer an einer “sachgerechten und objektiven Diskussion” interessiert gewesen, auch mit Kritikerinnen und Kritikern des Projektes. Es wird behauptet, es seien ausschließlich zwei Aktivisten gewesen, die kein Interesse an einem sachlichen Dialog gehabt und kontinuierlich unwahre Tatsachenbehauptungen und Falschinformationen verbreitet hätten. Dagegen habe der Vorhabenträger sich gezwungen gesehen, juristisch vorzugehen. Es bestehe jedoch weiterhin ein Dialogangebot, es würde begrüßt, „zu einem sach- und faktenbasierten Dialog zurückzukehren“.

Drucksache: DS/1573/VI

Initiator: DIE LINKE/B’90Die Grünen/SPD –  Gottwald, Gabriele /Jermutus, Sarah /Forck, Sebastian

Resolution

Betr.: Die Klage gegen die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V. muss zurückgenommen werden!

Die Bezirksverordnetenversammlung fordert die Eigentümer der Urbanen Mitte Besitz S.A.R.L. auf, die Unterlassungsklagen gegen die Initiative Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V. und den Verfasser des Gleisdreieck-Blogs zurückzuziehen. Es entspricht nicht den demokratischen Standards einer fachlichen und politischen Auseinandersetzung, wenn finanzkräftige Investoren versuchen, notwendige und kritische Debatten mit Klageverfahren gegen einfache Bürger*inneninitiativen zum Verstummen zu bringen.

Ganz augenscheinlich handelt es sich hier um eine strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung (Strategic lawsuits against public participation, SLAPP), gegen die das Europäische Parlament und der europäische Rat bereits 2024 eine Richtlinie verabschiedet haben.

Die Folgen einer solcher Klagepolitik für die bei Bauvorhaben gesetzlich vorgesehene Bürgerbeteiligung gehen weit über den Einzelfall hinaus. Die BVV betrachtet es als fatales Signal, wenn Bürger*innen sich bei ihrer Beurteilung von Bauvorhaben vom Gedanken leiten lassen würden, ob sie mit Klagen von Investor*innen überzogen werden könnten. Das widerspricht nicht nur der Leitidee des Baugesetzbuches, das Beteiligung bei Planungsvorhaben zwingend vorsieht, sondern wirkt auch wie ein Sargnagel auf die demokratische Willensbildung von unten. Der Versuch der Eigentümerin Urbane Mitte Besitz S.A.R.L., die Aktionsgemeinschaft und den Verfasser des Blogs über Klageverfahren mundtot zu machen, begreift die BVV auch als Angriff auf sich selbst, denn auch die BVV hat ihre Kritik am Bauvorhaben immer deutlich geäußert. Nicht zuletzt, weil es auf einer völlig überholten Rahmenplanung von vor 20 Jahren fußt.

Bei dem angestrengten Klageverfahren kann es nur darum gehen, Kritik an der massiven Bauplanung zu unterbinden. Die Eigentümerin bedient sich dabei der bekannten Mittel, das schwächste Glied in einer Kette von Kritiker*innen finanziell frontal anzugreifen und nieder zu klagen.

Die Aktionsgemeinschaft am Gleisdreieck e.V. ist und war für die BVV stets eine überaus sachkundige Gesprächspartnerin für die fachliche Auseinandersetzung mit dem Bauvorhaben im Gleisdreieckpark. Die BVV bedankt sich ausdrücklich für die außerordentlich fruchtbare Zusammenarbeit und drückt ihre Wertschätzung für die unermüdliche ehrenamtliche Arbeit der Initiative aus.

Die BVV appelliert auch an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, im Sinne dieser Resolution, Einfluss auf ihren Kooperationspartner Urbane Mitte Besitz S.A.R.L. zu nehmen, mit dem sie in engster Abstimmung die Umsetzung des Rahmenplans von 2005 auch gegen den Planungswillen der BVV durchsetzen will. Der Angriff auf die Bürger*innenbeteiligung durch Klageverfahren sollte auch von Senatsseite missbilligt werden und Anlass geben, ihr kooperatives Verhalten zum Investor grundsätzlich zu überdenken.

Die beiden Texte als PDF-Dokumente

Wer die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e. V. bei der Abwehr der Unterlassungsklagen unterstützen möchte, kann eine Spende auf das Konto des Vereins überweisen. Diese Spenden sind nicht steuerlich absetzbar. Konto der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V.: IBAN: DE15 1005 0000 6603 1693 45 bei der Berliner Sparkasse SWIFT (BIC) : BELADEBEXXX

Ein Kommentar zu “Die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg verurteilt die Klagen der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. gegen die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e. V.

  1. Der Wahnsinn, was für ein Fiebertraum von Stellungnahme seitens des Vorhabenträgers. Am eigenen Totalversagen seit nunmehr acht Jahren, eine konsensfähige Planung vorzulegen, wären zwei engagierte Bürger und die BVV selbst schuld? Das ist dann wohl die berühmte alternative Realität, in die man bei der Urbanen Mitte SARL abdriftet, wenn man sich mit 31000 gesammelten Unterschriften gegen das Projekt konfrontiert sieht, aber im eigenen Fazit Tadellosigkeit in der eigenen Öffentlichkeitsarbeit testiert lesen möchte.
    “Zum Glück” steigen die Bauzinsen schon wieder rasant- die Ziegert-Pleiten deuten ja auch schon an, was unter dem “Betongold” im Berliner Immobilienmarkt steckt… Für dieses Fossil von Städteplanung gibt es die nächsten 10 Jahre sicher kein Kapital und der kommende Senat wird endlich Gelegenheit haben, klare Regeln und Konzepte für eine Berliner Stadtentwicklung im 21. Jahrhundert aufzustellen. Ein glasklares Zoning, unter Hoheit der gewählten Bezirksparlamente vor Ort, gehört dort ganz oben auf die Liste, um diesen Sumpf der Hinterzimmerabreden in der Senatskanzlei für Bauen endgültig trocken zu legen.
    Was da bei Ihnen am Gleisdreieck in Berlin abläuft, ist der verzweifelte Versuch, gesetzlich vorgesehene, konsensual-orientierte Bebauungsplanverfahren zu Gunsten des einseitigen Rent-Seekings eins Investors zu verschieben. Mittel zum Zweck war eine juristisch anmutende Worthülse, vor einer Generation aufgesetzt und alleine dem Zweck dienend, ein ergebnisoffen zu führendes Bebauungsplanverfahren per Androhung einer erheblichen Schadenersatzforderung vertraglich vorab zu binden. Die 1:1-Umsetzung der demnach angedachten städtebaulichen Entwicklung, wie sie der Investor nunmehr zwanzig Jahre später zum Vorschlag hat ausarbeiten lassen, findet im Hier und Jetzt aber keinen Widerhall mehr. Sie geht am Mehrheitswillen der Bürgerinnen vor Ort vorbei, was die Abstimmungsergebnisse in der BVV, die Formierung/Arbeit der AG Gleisdreieck und eine eindrückliche Unterschriftenliste gegen das Vorhaben belegen. Den sich planerischen Dissens zur Zukunft des Gleisdreiecks per Prozesshanselei auflösen zu wollen, ist fehlgeleitet und missbräuchlich. Das vom Bezirksbaustadtrat vorgeschlagene Werkstattverfahren bot die Perspektive zur Erzielung eines Einvernehmens, wurde aber per Hinterzimmermauschelei beim Bausenator durch den Vorhabenträger torpediert, um mutmaßlich die eigenen Maximalforderungen realisiert zu sehen. Statt somit den Ausgleich in einem geleiteten Verfahren per Gespräch zu suchen, wurde neuerlich ein vermeintlich schlauer Umgehungstrick gewählt. Eine sich derart gebarende Partei verdient für diesen Themenkomplex die rudimentärste rechtliche Würdigung ihrer Vorträge zur Beschwerde vor Gericht.

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