Die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V. hatte am Dienstagabend, den 9. 12. 2025, zur Debatte um die vom Projektentwickler Periskop so genannte „Urbane Mitte“ Gleisdreieck ins Kühlhaus, Luckenwalder Str. 3 eingeladen. Es diskutierten gewählte Vertreter der ehemaligen Regierungsparteien über die Hochhaus-Bebauungspläne am Gleisdreieck vor dem gleichnamigen U-Bahnhof. Die CDU war mehrfach eingeladen worden, wollte sich aber nicht öffentlich zu den Plänen äußern und blieb der Veranstaltung fern.
Bevor es um das eigentliche Thema, den Bebauungsplan Urbane Mitte Süd ging, wurde kurz über den Stand der juristischen Auseinandersetzung mit der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. (UMB) berichtet. Am gleichen Tag hätte die Unterlassungsklage der UMB gegen die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V. vor dem Landgericht verhandelt werden sollen. Der Termin musste jedoch auf nächstes Jahr verschoben werden, da die Richterin erkrankt war. Matthias Bauer, gegen den die UMB ebenfalls geklagt und verloren hatte, berichtete, dass die UMB gegen das Urteil vom Oktober Berufung eingelegt und gleichzeitig den Antrag auf Erhöhung des Streitwertes von 15.000 auf 35.000 € gestellt hat. Das Gericht hat diesen Antrag glücklicherweise abgelehnt u. a. mit folgendem Hinweis:
„. . . Besonders hohe Streitwerte in Verfahren von finanzstarken Unternehmen gegen Einzelpersonen könnten eine einschnürende Wirkung auf deren Meinungsfreiheit haben wegen der Angst vor hohen Kosten als Folge einer öffentlichen Äußerung . . .“
In einer kurzen Einführung erläuterte Patrick Vater (AG Gleisdreieck) den Verfahrensstand des Bebauungsplans seit der Übernahme durch den Bausenat. Der Rechtsanwalt Dr. Philipp Schulte, der durch ein Gutachten im Auftrag der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck und der Naturfreunde Berlin erstellt hat, erläuterte, dass nach § 1 (3) BauGB eine Entschädigungssumme im städtebaulichen Vertrag von 2005 (zwischen der Vivico und dem Senat Berlin) nicht rechtswirksam ist.
Das Gutachten von Prof. Dr. Beckmann im Auftrag vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg kam zum selben Ergebnis. Trotzdem setzt der Senator auf „Vertragstreue“ und meint damit, die Erfüllung der Investorenwünsche des Projektentwicklers durch die gewählten Vertreter im Berliner Parlament.
Danach erläuterte Dr. Schulte den Paragraphen 264e (Bauturbo), der vor kurzem im Bundestag und -rat verabschiedet wurde. Nach einer Verabschiedung des bisherigen B-Plan-Entwurfs mit ausschließlicher Büro- und Gewerbenutzung gäbe es keinerlei Handhabe, dort nachträglich Wohnen durchzusetzen. Allein der Grundstückeigentümer bestimme dann, was dort gebaut wird.
Ida Duge (architects 4 future) wies auf die geringen Umnutzungsmöglichkeiten der geplanten Gewerbegebäude für Wohnzwecke auf dem Baufeld Süd hin. Die beiden 49 und 25 m hohen Gebäude bieten wegen großer Gebäudetiefe nur begrenzte Belichtung im Gebäudeinneren. Außerdem erläuterte sie die Beschallung, sowie die Licht- und Schattenwirkung an den geplanten Gebäuden, so dass für Wohnzwecke eine grundsätzliche Umplanung erfolgen müsste, auch wenn dies weniger Nutzfläche ergibt.
Sven Heinemann (MdA) und Frank Vollmert (Bezirksverordneter der BVV), beide SPD, erläuterten den Beschluss des Landesparteitags der SPD, der ebenfalls eine weitgehende Umplanung zugunsten von einem hohen Wohnanteil und eine Reduzierung der Baumasse erfordert.
Dr. Michael Efler (MdA) und Gaby Gottwald (BV), beide Vertreter der Partei Die Linke lehnten die Bebauungsplanvorlage vollständig ab und forderten eine komplette Neuplanung auf der Ermittlung der heute notwendigen Bezirksbelange.
Julian Schwarze (MdA der Grünen) will ebenfalls eine Neuplanung und kann sich mehrere Um- und Vorgehensweisen vorstellen: Ablehnung der Beschlussvorlage, Zurückziehen der Vorlage durch neuen Beschluss des AGHs auf Anregung des bereits von den Grünen eingebrachten Antrags oder auch die Rückgabe der B-Plan-Vorlage an den Bezirk. Dann könnte der Bezirk seinen Beschluss auf neuer Grundlage überarbeiten.
Die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck begrüßt diese Haltungen und erwartet, dass der vorliegende Bebauungsplan Urbane Mitte Süd VI-140 cab vom Abgeordnetenhaus nicht beschlossen wird.
„Eine Stadt ist mehr als bloß die Summe ihrer Wohnungen, Straßen und Büros. Häuser sollten mehr sein als Investitionsobjekte für sogenannte Entwickler. Denn wenn man Wahrzeichen und Skyline einer Stadt derart achselzuckend für Büros und Investoren hergibt, dann darf man sich über den Mangel an Identifikation und Charakter wahrlich nicht wundern.“
(Zitat Daniel Erk im Tagesspiegel am 9. 12. 2025 zur Alex-Bebauung)



