Volle geistige Freiheit

Flaschenhalspark in Dora-Duncker-Park umbenannt

Am vergangenen Sonntag fand eine kleine Veranstaltung zur Umbenennung des Flaschenhalsparks in Dora-Duncker-Park statt. An der Kreuzung zweier Parkwege, etwas westlich des Lidl-Parkplatzes in der Kreuzbergstraße, von dem aus ursprünglich ein Zugang zum Park geplant war, der aber bis heute fehlt, trafen sich Akteure aus Bezirkspolitik und Kultur, um die von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossene Umbenennung in die Öffentlichkeit zu bringen. Dora Duncker wäre am 28. März 167 Jahre alt geworden. Der Pandemie ist geschuldet, dass die Veranstaltung nicht schon vor zwei Jahren stattfinden konnte.

Wer war Dora Duncker ?

Auf der Veranstaltung konnte man/frau erfahren, wer Dora Duncker war. Dafür sorgten gemeinsam Maria Ebert, die Dora Dunckers Leben und ihre literarische Arbeit erforscht hat und Ronja Losert, die Originaltexte von Dora Duncker vortrug. Dora Duncker war ihrer Zeit voraus. Die gute Bildung, die sie als Tochter einer Verlegerfamilie genossen hatte, nutzte sie für ihre berufliche und familiäre Unabhängigkeit. Erstaunlich, welche Menge an Werken sie, die im Jahre 1916 schon mit 61 Jahren an Tuberkulose starb, produziert hat: Reportagen, Theaterstücke, Romane insbesondere historische Romane. Der letzte Roman, den sie schreiben konnte, handelte von George Sand, deren Streben nach Unabhängigkeit Dora Duncker wohl sehr inspiriert hat. Dora Dunckers Tochter Eva sorgt für die Veröffentlichung dann kurz nach dem 1. Weltkrieg im Jahre 1919. Ein Auszug aus „George Sand: Ein Buch der Leidenschaft“:

Paris! Endlich hatte sie es erreicht, das Ziel ihrer Sehnsucht, ihres heißen glühenden Verlangens. Paris, das große glänzende Paris, das ihr alles geben sollte, was die Einsamkeit ihres ländlichen Besitzes Nohant, die ernüchternde und verstimmende Nähe ihres Gatten, die kleinliche Sorge um den Haushalt, ihr versagt hatten.
Mit leuchtenden Augen stand Aurore Dudevant auf dem kleinen Altan der bescheidenen Mansarde, die sie auf dem Quai St. Michel gemietet hatte. Auf den Kuppeln, Türmen und Dächern der Stadt gleißte noch der Schnee, der in der Neujahrsnacht gefallen war, in der sie sich heimlich von Nohant fortgeschlichen hatte. Ihr Gatte war mit ihrem Stiefbruder auf einer Gasterei im benachbarten Bourges gewesen, und, wie die Herren es sich letzthin zur Gewohnheit gemacht, über Nacht nicht nach Hause gekommen.

Leisen Fußes war sie an die Betten ihrer Kinder geeilt, ihnen Lebewohl zu sagen. Sie presste die Hand aufs Herz, sie wischte die Tränen aus den wundervollen dunklen Augen. Nein, sie wollte nicht daran denken, was dieser Abschied von den Kindern sie gekostet hatte, von Maurice, ihrem schönen, begabten Jungen, von der kleinen Solange, die ihr rundes, rot verschlafenes Mädelgesicht in den Kissen versteckt gehalten, als sie den letzten Kuss auf ihre blonden Locken gedrückt hatte.

Sie durfte nicht an diesen Abschied denken, wollte sie erreichen, was sie seit Jahren zu erreichen strebte: volle geistige Freiheit, ein Aufsichselbstgestelltsein in allen Dingen des Lebens, die Ausbildung der dichterischen Begabung, die ihre leidenschaftliche Seele ganz erfüllte.

Wie kam es zu der Idee, den Flaschenhalspark nach Dora Duncker zu benennen?

Bertram von Boxberg, Bezirksverordneter der Grünen und Vorsitzender des Kulturausschusses, nebenbei tätig für die Friedhofsverwaltung der evangelischen Kirche, hat Dora Duncker „ausgebuddelt“- wie er sich ausdrückt. Nicht im wörtlichen Sinne. Vielmehr hat er die Stelle auf dem Friedhof der Zwölf-Apostel Kirche in der Kolonnenstraße recherchiert, an der sich ursprünglich ihr Grab befunden hat. Inzwischen hat die evangelische Gemeinde dort einen Gedenkstein für Dora Duncker setzen lassen und damit auch den Lauf der Dinge etwas korrigiert, nach dem Gräber von Frauen immer etwas früher aufgegeben werden als Gräber von Männern.

Schließlich nahm Bertram von Boxberg Kontakt auf mit der Literaturwissenschaftlerin Maria Ebert und brachte das Thema im Kulturausschuss des Bezirks ein. Die SPD formulierte den Antrag zu Umbenennung, der dann von der Bezirksverordnetenversammlung angenommen wurde. Weiter ist geplant, einen Gedenkstein für Dora Duncker im Park zu setzen. So besteht die Chance, dass Parkbesucher sich fragen, wer Dora Duncker war und damit Zugang zu ihrem Werk finden.

Wird der Name Dora-Duncker-Park sich durchsetzen?

Flaschenhals war in der Vergangenheit der passende Begriff für den Bereich, an dem sich das Bahngelände nach Süden hin immer weiter verengte. Die vielen von Norden aus dem Anhalter und Potsdamer Güterbahnhof kommenden Bahngleise liefen zusammen auf eine handvoll Gleise, um dann südlich der Kolonnenbrücke parallel zu verlaufen.

Ob der neue Name Dora-Duncker-Park für den östlichen Teil des Flaschenhalses sich im Alltag wird durchsetzen können, bleibt abzuwarten, zumal die Namensgeberin nicht direkt mit dem Ort zu tun hatte. Auch nach 40 Jahren sagen viele zum Nelly-Sachs-Park immer noch Dennewitz-Park und wohl fast niemand weiß, dass die schräge Rasenskulptur am Potsdamer Platz Tilla-Durieux-Park heißt.

Links

Von links nach rechts: Kulturstadtrat Tobias Dollase, Corinna Volkmann (Bezirksverordnete der SPD), Bertram von Boxberg (Bezirksverordneter der Grünen/B90), Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann, Maria Ebert, Autorin und Ronja Losert, Schauspielerin und Bürgerdeputierte für die Grünen/B90 im Kulturausschuss.

 

2 Kommentare zu “Flaschenhalspark in Dora-Duncker-Park umbenannt

  1. Kleine Randbemerkung: Die Dunckerstraße in Prenzlauer Berg ist nach dem preußischen Politiker Hermann Duncker benannt – ein Onkel von Dora Duncker.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert