„Fahrradfahren erlaubt, Fußgänger haben Vorrang“, so steht es auf Schildern an den Eingängen zum Gleisdreieck-Park. In den frühen Morgenstunden sind die vielen Radler kein Problem – falls die Scherben der vorangegangenen Nacht schon zusammengekehrt wurden. An schönen Tagen ist es jedoch so voll, dass es besser ist, das Fahrrad zu schieben, was leider nicht immer von allen Radlern eingesehen wird. Nichtsdestotrotz ist ein Fahrradschnellweg in Planung, der sogenannte RSV 6 Teltowkanalroute (RSV = Radschnellweg), der nördlich bis an die Bautzener Straße reichen soll und so noch mehr Fahrradverkehr in den Flaschenhals und ins Gleisdreieck bringen könnte.
Im vierten Quartal 2022 soll die Planfeststellung abgeschlossen werden, im zweiten Quartal 2025 sei die Inbetriebnahme vorgesehen, soweit die Planungen der infraVelo, einer Tochterfirma der Grün-Berlin GmbH. Siehe Radschnellverbindung – Teltowkanalroute – infraVelo
Gegen dieses Planung hat sich das Park Bündnis Schöneberg-Steglitz gegründet. https://www.parkbündnis.de/ Mit dabei:
- Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverband ABSV
- Bündnis Natur statt Asphalt
- FUSS e.V.
- Grüne Radler Berlin
- Grünzüge für Berlin
- Naturfreunde Berlin
- Seniorenvertretung Steglitz-Zehlendorf
- Seniorenvertretung Tempelhof-Schöneberg
- Verkehrsausschuss der Grundschule am Insulaner
- und ca. 100 Privatpersonen
Es drohe eine grüne Gentrifizierung, schreibt das Parkbündnis in seiner Kritik am RSV 6 Teltowkanalroute, hier ein Ausschnitt:
Die Trasse liegt faktisch fest: InfraVelo hat die Führung am Teltowkanal für alternativlos erklärt und die Planfeststellung angekündigt, die Politik schweigt. Entscheidungsgrundlage ist eine Bewertungsmatrix, die Radverkehr fünfmal stärker gewichtet als Natur, Versiegelung und Erholung sowie zehnmal stärker als Fußverkehr. Die für unwichtig erklärten Belange werden massiv geschädigt: Auf über 40 Hektar soll gerodet, planiert, versiegelt und Gehen verboten werden. Schnelle und Starke verdrängen Langsame, Kinder und Alte – es droht grüne Gentrifizierung.
Das Projekt ist Verkehrswende rückwärts: MIV-Raum wird geschont, Autoverkehr durch Verlagerung von Radverkehr ins Grüne sogar gefördert. Gehen und Naherholung werden erschwert, Anreize zur Fernerholung per Auto geschaffen. Und sogar für den Radverkehr ist das Projekt suboptimal: Es erschließt direkt kaum Alltagsziele; deren Erreichbarkeit per Rad wird vernachlässigt.
Die ausführliche Auseinandersetzung des Park Bündnis Schöneberg-Steglitz mit dem RSV 6 Teltowkanalroute kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden. Fakten und Forderungen Teltowkanalroute, PDF-Dokument
Was sind die Alternativen?
Parallel zum Teltowkanal bestehende Straßenzüge wurden nicht ausreichend untersucht, schreibt das Parkbündnis. Grundsätzlich sei es sinnvoll für Radschnellwege vorhandene Straßen zu nutzen, Flächen, die schon versiegelt sind und die bisher dem MIV (dem motorisierten Individualverkehr) dienen.
Dies trifft sicher auch im Bereich Gleisdreieck zu. Der Park ist schon jetzt an seiner Belastungsgrenze angelegt, eine Trennung von Rad- und Fußgängerverkehr ist nicht machbar, bzw. würde an den Kreuzungspunkten für noch mehr Gefahr sorgen. Östlich und westlich des Parks wurde schon Initiative ergriffen für den Fahrradverkehr, indem auf Straßen geschützte Radwege angelegt wurden, z. B. in der Möckern- und in der Bülowstraße.
Die Planer von infraVelo sollten sich nochmal den weiteren Verlauf des von ihnen projektierten Radschnellwegs an der Bautzener Straße ansehen. Hier wird der Weg alles andere als geeignet für einen Radschnellweg sein. Zwischen den neuen Häusern an der Bautzener und der S-Bahn ist es die schmale, für die Feuerwehr vorhergesehene Zufahrt. Wer dort in EG wohnt, wird seine Kinder gut hüten müssen, wenn draußen die Radler vorbeirasen. Kurz vor der Yorckbrücke werden die Radler dann abgebremst durch zwei scharfe Kurven. Dann soll es über die Yorckbrücke Nr. 5 auf die andere Seite gehen, weiter über das Dach des Biodiscounters, dann runter auf den Parkplatz des Baumarkts, dann wieder hoch aufs Bahngelände. Doch die schlechte Planung hat auch etwas Gutes: die unbequeme Wegeführung wird so manchen Radler dazu bringen, sich eine andere Route zu suchen.