Aus drei verschiedenen Materialien besteht der östliche der beiden in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Hauptwege im Westpark des Gleisdreiecks. Dunkler Asphalt und heller, vor Ort gegossener Beton bilden die Seitenflächen des Weges. In der Mitte sind die beiden Materialien getrennt durch einen Streifen aus Fertigbetonteilen, die Anthrazit gefärbt sind. Und diese Betonplatten haben es in sich. Denn sie beinhalten eine abgerundete Stufe, die ca. 4 cm Höhenunterschied ausmacht. Diese Kante wurde zahlreichen Fahrradfahrern zum Verhängnis. Auch Rollstuhlfahrer hatten da ihre Schwierigkeiten. Folge: schon kurz nach der Eröffnung im letzten Jahr wurde die Kante mit einem schwarz-gelben Klebeband zur Warnung markiert. Und weil dies nicht ausreichte, wurde parallel zur Kante ein Bauzaun gestellt.
Nun verschwindet der Bauzaun nach und nach wieder. Entlang der Kante wird ein Geländer gebaut, das zum Sich-Anlehnen geeignet sein soll. Auch für Skater wird das Geländer eine spannende Herausforderung werden. Dort, wo das Geländer unterbrochen ist, wird die abgerundete Kante unter einem Keil aus Kunststoff versteckt werden.
Ca. 30 bis 40.000.- € soll der Umbau kosten. Dies wurde von Seiten der Grün Berlin GmbH auf der letzten Sitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe Gleisdreieck am 28.01.2014 mitgeteilt.
Als letztes Jahr die Presse die Probleme mit der abgerundeten Kante aufgegriffen hatte und der Bund der Steuerzahler hier die Verschwendung von Steuergeldern vermutete, fand die Grün Berlin eine interessante Sprachregelung. In einem Schreiben vom 23.02.14 stellt der Bund der Steuerzahler die Position der Grün Berlin GmbH folgendermaßen dar:
Nach Rücksprache mit der Geschäftsführung der Grün Berlin GmbH, die den Park verwaltet, ist die Problematik mit der Kante zwischen Rad- und Fußweg einer sogenannten „prozesshaften Baufinanzierung“ geschuldet. Der Bauherr hat einen Teil des Budgets für eventuelle Veränderungen zurückgehalten. Man habe den Versuch unternommen, im Rahmen einer Testphase Rad- und Gehweg mittels dieser Kante zu trennen und bspw. auf ein Geländer oder die von Ihnen beschriebenen Rampen verzichtet. Da sich herausgestellt hat, dass die Kante wenig praktikabel ist, wird nun der zurückgehaltene Teil des Budgets für die Anbringung von Rampen investiert; zusätzliche Kosten entstehen – lt. Grün Berlin GmbH – dadurch nicht.
Selten ist eine Fehlplanung phantasievoller umschrieben worden. Liebe Fahrradfahrer, falls ihr auf die Fresse geflogen seid, seid bitte nicht sauer, es war für einen guten Zweck. Nun aber beenden wir das immerhin mehrere hundert Meter lange Experiment mit euch.
Grün Berlin hätte es besser wissen können. Schon im zwei Jahre früher eröffneten Ostpark hat die angeblich angestrebte Trennung zwischen Fuß- und Radweg nicht funktioniert. Dort sollten die Fußgänger auf den roten Betonteilen laufen, die Fahrradfahrer auf dem grauen Beton, bzw. Asphalt fahren. Das konnte nicht funktionieren. Parkbesucher sind nicht so brav, dass sie genau dort laufen oder fahren, wo die Planer sich das gedacht haben. Das war allen bekannt, bevor der Westpark gebaut wurde.
Die Aufteilung der Wege in verschiedene Materialien war vielmehr eine gestalterische Entscheidung. Wären die Wege aus einem homogenen Material gebaut worden, würden sie noch viel breiter, noch viel mehr wie Straßen wirken. Auch die abgerundete Stufe war sicher eine gestalterische Entscheidung der Architekten vom Atelier Loidl, die übrigens an der berühmten Bürgerbeteiligung vorbei getroffen wurde, denn in der PAG wurde die Stufe nicht besprochen.
Was kostet das „Experiment”? Nicht nur die 30 bis 40.000 € für den jetzt notwendigen Umbau. Dazu müsste man noch die Kosten (in unbekannter Höhe) für die Herstellung der Betonplatten mit den abgerundeten Stufen rechnen.
Die für den Park verwendeten Gelder sind Gelder, die die Investoren vom Potsdamer und Leipziger Platz (Debis, Sony usw. insgesamt ca. 24 Mio. € ) für ökologischen Ausgleich gezahlt haben. Nun, in diesem Fall werden sie nicht zum Ausgleich von Eingriffen in den Naturhaushalt, sondern wohl zum Ausgleich von Fehlplanungen verwendet.
Update 5. März 2014: die Kosten für den Umbau der Kante betragen 75.000 €
Eine anonym weitergeleitete Information, die angeblich aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz stammt und leider nicht überprüfbar ist:
Die sog. Kante entlang des östlichen Hauptwegs im Westpark am Gleisdreieck war ursprünglich dazu bestimmt als “weiche” Trennung den langsamen Fußgängerverkehr (Wegefläche in Ortbeton) vom schnellen Radverkehr (Wegefläche in Asphalt) zu trennen.
Nach der Eröffnung des Westparks zeigte sich, dass diese Kante von Radfahrern teilweise in einem derart spitzen Winkel angefahren wurde, dass die Gefahr von Stürzen nicht auszuschließen war.
Deshalb wurde der Bereich kurzfristig mit Bauzaunelementen entsprechend markiert und die Trennung der beiden Wegeflächen derart verstärkt. Im Rahmen der prozesshaften Fertigstellung des Parks am Gleisdreieck wird diese Trennung der beiden Wegeflächen nun in Teilbereichen durch ein vertikales Element (einen sog. Anlehnbalken) verstärkt. In anderen Teilbereichen werden Stahlbleche verbaut, die die sog. Kante beseitigen.
Die Bauaufträge zur Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen wurden von der Grün Berlin Stiftung beauftragt und haben ein Gesamtvolumen von rd. 75.000 € netto. Die Finanzierung erfolgt anteilig aus dem Parkbudget zur prozesshaften Fertigstellung sowie durch die Kostenbeteiligung des Planers Atelier Loidl in Höhe von 20.000 € netto.
Mit der Ausführung wurde bereits begonnen. Diese wird bis Ende Februar abgeschlossen sein.