Pressemitteilung der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V.

Urteil des Landgerichts – Hochhausplaner verlieren haushoch

Am 24.10.2025 hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Berlin II das Urteil im Verfahren der Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. gegen Matthias Bauer verkündet. Die Klage wurde abgewiesen. Die Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. hatte auf Unterlassung von fünf Äußerungen in einem Artikel auf gleisdreieck-blog.de im September 2024 geklagt.
[Link zum Artikel: https://gleisdreieck-blog.de/2024/09/05/wie-die-urbane-mitte-besitz-s-a-r-l-der-aktionsgemeinschaft-gleisdreieck-e-v-den-mund-verbieten-wollte/]
In dem Urteil werden alle fünf Unterlassungsforderungen zurückgewiesen. In jedem Punkt überwiegt aus Sicht des Gerichts die freie Meinungsäußerung gegenüber dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht.
Demnach darf weiter die Meinung und Einschätzung geäußert werden, dass im Bebauungsplanverfahren für die sieben Hochhäuser am Gleisdreieck der Denkmalschutz missachtet wird, dass die vorgesehenen Sicherheitsvorkehrungen für den Havariefall mangelhaft sind und dass ein Gutachter für Natur- und Artenschutz erst beauftragt wurde, nachdem zuvor Flora und damit auch die Fauna fast komplett abgeräumt worden waren. („Erst roden, dann begutachten.“)
Auch darf weiter wertend vermutet werden, dass es wohl darum ging, Gebühren zu sparen, als dem Grundbuchamt ein Verkehrswert von 11,3 Mio. € angegeben wurde bei der Eintragung der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. anstelle der gleichnamigen GmbH. Denn der niedrige Verkehrswert erscheint in großer Diskrepanz zu stehen zum Kaufvertrag des Share-Deals vom Oktober 2020, aufgrund dessen die Grundbuchänderung notwendig wurde. Im Kaufvertrag des Share-Deals wurden 89% der Anteile an dem Grundstück am Gleisdreieck veräußert. Für 100% der Anteile war ein Kaufpreis von 162 Mio. € vereinbart worden.

Auch folgender Satz aus einem Gutachten darf weiter öffentlich zitiert werden:

„ . . . Die Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. hat vor diesem Hintergrund für das Baufeld „Urbane Mitte“ einen (möglichen) „Schadensersatzanspruch“ in „mittlerer dreistelliger Millionenhöhe“ angekündigt, falls die Bebauungsmöglichkeit hinter den Festlegungen des städtebaulichen Vertrages zurückbleiben sollte . . .“

Das Zitat stammt aus dem Gutachten von Prof. Dr. Beckmann, das dieser im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg erstellt hat. Gegen diesen und einen weiteren Satz ging Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. bereits mit Unterlassungsforderungen gegen den Gutachter vor. Im angegriffenen Artikel auf gleisdreieck-blog.de von September 2024 wurde über die Gerichtsverfahren berichtet und dabei der Satz zitiert. Bisher dreimal entschieden die Gerichte zu Gunsten von Prof. Dr. Beckmann und gegen das Begehren der Investoren. Ein viertes Verfahren ist noch nicht entschieden; die Urbane Mitte Besitz S.à.r.l will den Rechtsweg wohl bis zum Ende gehen.

In der mündlichen Verhandlung gegen Matthias Bauer am 13. Oktober 2025 hat der Vertreter der Urbanen Mitte, Rechtsanwalt Christian-Oliver Moser schon angekündigt, Berufung einzulegen, sollte das Gericht seine Klageanträge ablehnen. Außerdem läuft parallel noch eine Unterlassungsklage gegen die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V., die – bis auf einen Punkt – inhaltlich der Klage gegen Matthias Bauer entspricht. Die parallele Klage wird am 9. Dezember um 10:30 Uhr in Saal 128 des Langerichts am Tegeler Weg verhandelt werden. Unser Anwalt, Michael Schmuck, sieht sowohl der Berufung als auch der parallelen Klage eher gelassen entgegen.

Auch wenn also noch weitere gerichtliche Auseinandersetzungen anstehen, sind wir doch sehr erleichtert und freuen uns, dass das Gericht für die Meinungsfreiheit entschieden hat – gegen die Angriffe der Investoren. Eine entscheidende Rolle spielte dabei wohl auch, dass alle angegriffenen Bewertungen und Einschätzungen auf intensiver Auseinanderersetzung mit den Sachverhalten beruhen. Dies ist sehr deutlich geworden im Schriftwechsel, den wir seit Februar 2025 führen mussten. Es handelt sich aus unserer Sicht um eine SLAPP-Klage, mit dem Ziel uns einzuschüchtern, Kosten zu verursachen und uns Zeit und Energie zu stehlen. [SLAPP, engl.: strategic lawsuit against public participation]  Die Gegenseite ist da allerdings anderer Meinung: In der Verhandlung sagte der gegnerische Anwalt, dass es der Klägerin nicht darum gehe.

Es mag ein Zufall sein, dass die Klagen verhandelt werden zu einem Zeitpunkt, an dem die Abgeordneten sich auf die parlamentarische Abstimmung über den ersten Teilbebauungsplan für das südliche Baufeld der Urbanen Mitte vorbereiten. Wir bitten die Abgeordneten nun, das Urteil zur Kenntnis zu nehmen und zu überlegen, ob diese Investoren die richtigen Partner für die Gestaltung der Zukunft Berlins sein können.

Am Samstag, den 25.10.25 um 14 Uhr werden wir in einer kleinen öffentlichen Veranstaltung über das Gerichtsverfahren und den aktuellen Stand der Bebauungsplanung berichten. Ort: Kühlhaus, Luckenwalder Straße 3, 10963 Berlin, Einlass ab 13:30 Uhr

Matthias Bauer

3 Kommentare zu “Urteil des Landgerichts – Hochhausplaner verlieren haushoch

  1. Du solltest als Schmerzensgeld genau die Summe bekommen, die Sie Dir aufbrummen wollten. Denn das ist natürlich auch Zermürbungstaktik, Einschüchterungsabsicht was da betrieben wird. Du hast das alles ausgehalten und durchgestanden. Wahnsinn! Auch für uns alle, die wir besorgt sind, was da geplant wird! Respekt und Danke!!

  2. Fantastisch! Unglaublich, in diesen Zeiten, daß es noch so mutige Menschen wie dich gibt, Matthias, und unbefangene Richter*innen.
    Tausend Dank!Gruß Alex

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