Im Frühjahr 2017 stellte die BVG überraschend fest, dass das 100 Jahre alte Viadukt der U1 sanierungsbedürftig ist. Schlimmer noch, dass es gefährlich sei, sich darunter aufhalten, weil Teile abplatzen und herunterfallen könnten. „Ich würde meine Kinder da nicht mehr spielen lassen“ sagte mir die Pressesprecherin der BVG [Link zur Pressemitteilung der BVG von Mai 2017]. Quasi über Nacht wurden Bereiche des für den Park so wichtigen Mitteplatzes abgezäunt. Das Viadukt ist seitdem eingerüstet. Bis es saniert, bzw. durch ein neues Viadukt ersetzt wird, vergehen sicher noch 10 Jahre. Immerhin, für die Verlagerung der Spielfläche stellte die BVG 200.000.- € zur Verfügung. Doch nun, zwei Jahre später ist noch nichts passiert. Woran liegt das?
Im Sommer 2017 legten die Architekten vom Atelier Loidl dem Nutzerinnenbeirat des Parks drei Varianten vor mit Flächen, auf denen neue Spiel- und Sportangebote entstehen könnten.
Mit großer Mehrheit, fast einstimmig, entschied sich der Nutzerinnenbeirat für die Variante 2, die Verlegung des Spielplatzes unter das Viadukt der U2 im Abschnitt nördlich des Beachvolleyballs. Dies schien allen Beteiligten ein guter Ersatz für die Spiellandschaft, die so gut auf dem Mitteplatz funktioniert hatte. Mehr noch. Der Entwurf sah zwei Ballspielfelder vor, eins für Basketball, eins mit kleinen Fußball-Toren. Es gab eine modellierte Landschaft, eine Sprintstrecke und zwei schlangenartige Gebilde, die aus verschiedenen Fitnessgeräten, Reckstangen u. a. gebildet wurde. Insgesamt 1600 m², nicht nur flächenmäßig mehr als nur Ersatz für den Verlust, sondern tatsächlich ein neues zusätzliches Angebot für informellen Sport. Umgeben von Parkwegen wie beim Platz unter der U1.
Das Konzept wurde von fast allen Teilnehmern des Nutzerinnenbeirates für gut befunden. Dafür sprach auch, dass unter dem Viadukt der U2 die Wiese nur spärlich wächst, weil wenig Regen ankommt. Und es wäre ein guter Abschluss für die Schöneberger Wiese. Es gab nur eine kritische Stimme, die darauf hinwies, dass es sich hier um eine ökologische Ausgleichsfläche handele und eine Versieglung mit Asphalt und Kunststoffbelägen deswegen nicht angemessen sei. Aber es gab jedoch gleichzeitig auch den Vorschlag, diesen Teil der ökologischen Ausgleichsfläche zu verschieben und zwar in den Flaschenhals-Park. Dort könnte die östlich gelegene und durch eine Zaun abgetrennte Fläche zur ökologischen Ausgleichsfläche erklärt und als zusätzliche Parkfläche zugänglich gemacht werden. Die Fläche im Flaschenhals hat nicht nur einen hohen ökologischen Wert und sondern könnte auch einen hohen Gebrauchswert für den Park bekommen, wenn dann über den Balkon bei Lidl auch ein Zugang von der Kreuzbergstraße in den Flaschenhals-Park geschaffen würde. Außerdem wäre ein weiterer Übergang über die Yorckbrücke Nr. 22 vom Ostpark in den Flaschenspark möglich.
Die Vertreterinnen der Senatsverwaltung wiesen das Argument mit der ökologischen Ausgleichsfläche von sich. Auf den Vorschlag mit der zusätzlichen Parkfläche im Flaschenhals gingen sie nicht ein. Es müsse lediglich noch geprüft werden, ob die geplante Spielfläche mit Bahnplanungen belastet sei. Sollte dies der Fall sein, dürfe der Spielplatz dort nicht gebaut werden – so die Argumentation der Senatsverwaltung im 2017. Dabei war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass die Regionalbahn Berlin-Potsdam (Stammbahn) die Spielfläche am östlichen Rand berühren würde. Ebenso war schon klar, dass wenn die Stammbahn in 10 oder 15 Jahren gebaut werden wird, die gesamte Wiese des Westparks zur Baustelle wird und dass nach dem Bau der Bahn der Park wieder hergestellt werden muss.
Nichtsdestotrotz setzte die Senatsverwaltung zur Klärung dieser Frage eine Arbeitsgruppe (leider ohne Beteiligung des Nutzerinnenbeirates) ein, die bis Mitte November 2017 Klarheit über die Bahnplanungen schaffen sollte. Der Termin wurde mehrfach verschoben.
Erst ein Jahr später wurde auf der Sitzung des Nutzerinnenbeirates im September 2018 sehr kleinlaut mit einer schlecht zu erkennenden Abbildung das Ergebnis der Arbeitsgruppe präsentiert.
Die mögliche Spielfläche unter der U2 ist nur knapp am östlichen Rand von den Bahnplanungen betroffen. Das wussten wir schon im Sommer 2017! Es gab keinen Erkenntnisgewinn gegenüber den schon öffentlich bekannten Tatsachen, siehe dazu die Artikel auf gleisdreieck-blog.de
Doch eigentlich war die Frage nach der Bahnplanung inzwischen nicht mehr relevant. Denn im März 2018 auf der Sitzung des Nutzerinnenbeirates hatte die Senatsverwaltung festgestellt, dass der Einwand mit der ökologischen Ausgleichsfläche berechtigt ist. Und dass man nun ein andere Lösung suchen müsse. Leider nicht die mit der Parkerweiterung im Flaschenhals. Nun sollte versucht werden den Spielplatz vollständig auf zukünftige Bahnflächen zu schieben, nun wollte man genau das Gegenteil dessen, was man 2017 partout vermeiden wollte. Wieder ein paar Monate später hieß es, weder die zukünftigen Bahnflächen, noch bisher unversiegelten Flächen des Parks könnten in Anspruch genommen werden.
Blieben nur die Flächen im Park übrig, die schon betoniert, asphaltiert oder als wassergebundene Decke gestaltet sind. z. B. die „Kirschwolke“ am Kiosk Eingang Kurfürstenstraße und die Fläche unter der U2 zwischen den beiden Teilen der Kleingärten.
Nachdem, die Architekten Loidl ihr Veto gegen eine Umgestaltung der Kirschwolke eingelegt hatten, blieb nur noch die Fläche unter der U2 zwischen dem nördlichen und südlichen Teil der Kleingartenanlage POG.
Dort wo sich bisher Sonntags die Boule- und Federballspieler treffen, Kinder ihre Elektroautos fahren lassen, soll nun eine Schlange aus Fitnessgeräten entstehen. Alle anderen Elemente der Spiellandschaft – die modellierten Hügel, die Ballspielfelder, die Sprintstecke fehlen. Neu sind lediglich ein paar Tischtennisplatten. Mehr ist hier nicht möglich. Was hier angeboten wird, ist weder ein angemessener Ersatz für die verlorene Spielfläche, noch ein neues Sportangebot, noch ein Platz mit der Qualität des Mitteplatzes unter der U1.
Die vom Nutzerinnenbeirat im Sommer 2017 favorisierte Lösung (Variante 2) dagegen wäre immer noch möglich. Nur mit der Variante 2 könnte ein Platz geschaffen werden, der ähnliche Qualitäten aufweist, wie der zur Zeit blockierte Mitteplatz unter der U1. In den Jahren vor Eröffnung des Westparks hatte es viel Skepsis gegeben, würde der Platz unter U1 funktionieren? Was passiert, wenn ein Fahrradfahrer versehentlich von einem Ball getroffen wird? Die Praxis hat diese Befürchtungen entkräftigt. Das Neben- und Miteinander der verschiedenen Nutzer funktionierte ausgezeichnet. Die Leute gaben Acht aufeinander. Es gibt wohl kaum eine öffentlichen Raum in Berlin, in dem soviel unterschiedliche Generationen und Nutzergruppen zusammen treffen – und das ohne kommerzielles Angebot. Konflikte gab es nur gelegentlich in Sommernächten, wegen übermäßigen Alkoholkonsum und nächtlicher Ruhestörung.
Der große Wurf ist noch möglich. Das wäre die Umsetzung des Vorschlags von August 2017, die Variante 2, eine neue Spiellandschaft unter der U2 als südliche Begrenzung der Schöneberger Wiese in der Nähe des Beachvolleyballs – und die Erweiterung des Flaschenhalsparks. Ich appelliere an alle Beteiligten beim Bezirk, beim Senat und bei der Grün Berlin GmbH, sich dafür einzusetzen.