Gegen die Bebauung der Bautzener Brache hat die Gruppe „Stadtplanung von unten“ einen Antrag auf Bürgerbegehren eingereicht. Das Ziel des Bürgerbegehrens ist folgendermaßen formuliert:
Das Bezirksamt wird ersucht, das Grundstück Bautzener Straße 20-24, 10829 Berlin planungsrechtlich als Grünfläche zu sichern und zu entwickeln. Auf diese Weise soll der durchgehende Grünzug entlang der Bautzener Straße vor Überbauung gesichert werden. Damit wollen wir für ganz Schöneberg-Tempelhof deutlich machen, dass soziale Probleme, wie ein Mangel an bezahlbaren Wohnungen, nicht ohne Not zu Lasten der Umwelt gelöst werden dürfen. Grünverbindungen, Biotopverbindungen, wohnungsnahe Sport- und Erholungsflächen sowie Frischluftschneisen müssen erhalten bleiben und weiterentwickelt werden.
Das Begehren wurde bei der Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg eingereicht von Edelgard Achilles, Marlies Funk und Cornelia Kösters für die Gruppe „Stadtplanung von unten“ am 28. 06. 2013. Zur Zeit befindet sich der Antrag in einer „rechtlichen Überprüfungsschleife“ bei Senatens. Die Gruppe „Stadtplanung von unten“ geht jedoch davon aus, dass ab Ende August, Anfang September dann Unterschriften gesammelt werden können.
Link zum vollständigen Dokument des Antrags auf Bürgerbegehrens.
Wenn der Antrag des Bürgerbegehrens durchkommt, haben die Antragstellerinnen sechs Monate Zeit für ihren Vorschlag Unterschriften zu sammeln. Es müssen mindesten drei Prozent der Wahlberechtigten unterschreiben, als knapp 7600 Personen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg.
Der §45, Absatz 7 des Bezirksverwaltungsgesetz sagt dazu:
Ein Bürgerbegehren ist zustande gekommen, wenn es spätestens bis sechs Monate nach der Unterrichtung der Vertrauenspersonen über die Entscheidung des Bezirksamts über die Zulässigkeit von drei Prozent der bei der letzten Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung festgestellten Zahl der Wahlberechtigten unterstützt wurde.
Wird diese Zahl an Unterschriften erreicht, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die BVV stimmt dem Wunsch der Antragsteller zu, dann war die Sache schon erfolgreich. Stimmt die BVV nicht zu – was wahrscheinlicher ist – , muss innerhalb vier Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden .
In § 47 des Bezirksverwaltungsgesetzes, Ergebnis des Bürgerentscheids heißt es:
(1) Eine Vorlage ist angenommen, wenn sie von einer Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und zugleich von mindestens 10 Prozent der bei der letzten Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung festgestellten Zahl der für die Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung Wahlberechtigten angenommen wurde. Bei Stimmengleichheit gilt die Vorlage als abgelehnt.
Um das zu erreichen, wäre natürlich Unterstützung weit über den Kreis der direkten Anwohner hinaus notwendig. Es wird spannend werden zusehen, ob die Gruppe „Stadtplanung von unten“ das schaffen kann.
Der Name, den sich die Initiatorinnen des Bürgerbegehrens gegeben haben, „Stadtplanung von unten“ lässt hoffen, dass sie wissen, welche große Herausforderung auf sie in den nächsten Monaten wartet. Denn „Stadtplanung von unten“ bedeutet ja nicht nur von oben kommende Planungen verhindern, sondern auch eigene Visionen und Planungen zu erarbeiten. Und dafür Überzeugungskraft zu entwickeln über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus. Auf der neuen Website der Gruppe http://stadtplanung-von-unten.de ist davon noch nicht soviel zu sehen.
Doch seien wir mal optimistisch. Die Berliner Geschichte ist voll von Beispielen kleiner Gruppen, die von den Experten in den etablierten Parteien und in der Verwaltung anfangs ausgelacht wurden. Doch dann haben diese Gruppen manch Wichtiges in der Stadtentwicklung erreicht: die Grüntangente statt der Westtangente und die Abkehr von der Kahlschlagsanierung in den gründerzeitlichen Quartieren. Zuletzt haben die Media-Spree-Versenker einen anderen Umgang mit den begehrten Ufern der Spree bewirkt. Und es waren Anwohner, die die Bäume an den Ufern des Landwehrkanals gerettet und eine kostensparende, ökologisch verantwortungsvolle Sanierung des Kanals durchgesetzt haben.
Wie wird der Bezirk Tempelhof-Schöneberg reagieren? Mit Respekt vor dem bürgerschaftlichen Engagement? Werden während das Bürgerbegehren läuft, die Planungen ausgesetzt oder werden weiter Beschlüsse gefasst und weiter Fakten geschaffen? Für die Parteien, die sich sonst gern mit Begriffen wie Bürgerbeteiligung schmücken, ein echter Belastungstest.
Frühere Artikel zur Bautzener Brache