Im Gespräch bleiben

Jetzt dranbleiben: E-Mails an die Abgeordneten

In den letzten Tagen haben wir viele Rückmeldungen bekommen von Freundinnen und Freunden des Gleisdreieckparks. Unser Vorschlag, E-Mails an die Abgeordneten zu schreiben, wurde wunderbar  aufgenommen!  Doch aus den Antworten der Politiker*innen wird klar, dass manche die Tragweite der anstehenden Entscheidung noch nicht erfasst haben, sondern daran festhalten wollen, die Bebauung des Parks durchzuwinken.

Aus der Standard-Antwort der CDU-Abgeordneten (siehe unten) spricht die Angst vor möglichen Schadensersatzforderungen des Investors, sollte das Abgeordnetenhaus die Bebauung am Gleisdreieckpark nicht freigeben. Doch hier ist die CDU ganz offensichtlich falsch informiert! Längst haben zwei juristische Gutachten herausgearbeitet, dass die Entschädigungsklausel im städtebaulichen Vertrag gegen §1 Absatz 3 des Baugesetzbuches verstößt, nach dem ein Bebauungsplan nicht auf einen Vertrag begründet werden darf. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass Abgeordnete frei abstimmen können – ohne Furcht vor Entschädigungszahlungen. Genau diese Furcht scheint bei den CDU-Abgeordneten jedoch tief zu sitzen und für alle objektiven Argumente blind zu machen.

Viele von Euch fragen, was man nun noch weiter tun kann. Sinnvoll ist es auf alle Fälle, mit den Abgeordneten weiter im Gespräch zu bleiben, per Email oder in der Bürgersprechstunde. Die gute Botschaft aus den Gutachten, dass die Sorge vor Entschädigungsforderungen unbegründet ist, muss endlich bei der CDU ankommen!

Übrigens: Die SPD-Abgeordneten schweigen bislang. Geht also auch auf die SPD zu, um sicherzustellen, dass sie sich fundiert mit dem Bebauungsvorhaben, dessen ökologischem Impact und den Bedürfnissen der Berliner Stadtgesellschaft auseinandersetzen!

Danke, dass Ihr weiter dranbleibt! Nur gemeinsam können wir den nötigen Druck aufbauen, um die Abgeordneten zum Umdenken zu bewegen!

Wir dokumentieren im folgenden den Standardbrief der CDU. Im Anschluss daran folgt der Entwurf für eine mögliche Antwort.

Der Standardbrief der CDU

Sehr geehrter Herr / Frau. . . .
vielen Dank für Ihre Nachricht mit Ihren Gedanken zum in Abstimmung stehenden Bebauungsplan „Urbane Mitte Süd“ im September 2025 im Abgeordnetenhaus von Berlin.

Vertragsgemäß – ansonsten können Schadensersatzforderungen folgen – werden wir uns als CDU-Fraktion Berlin an den städtebaulichen Rahmenvertrag zur Entwicklung des Gleisdreiecks halten, der im Jahr 2005 mit dem Grundstückseigentümer abgeschlossen wurde und der den Hintergrund des in Rede stehenden Bebauungsplans bildet. Der Rahmenvertrag sieht die Entwicklung von vier Baufeldern vor – Flottwellpromenade, Yorckdreieck, Möckernkiez und Urbane Mitte – die rund um einen großen zusammenhängenden Park, den heutigen Park am Gleisdreieck, entstehen.

Mit dem Rahmenvertrag konnte gleichzeitig die Parkfläche am Gleisdreieck von 16 ha auf 26,8 ha dauerhaft erweitert werden. Der Park ist in den Jahren 2011 bzw. 2013 fertig gestellt worden und wurde 2013 mit dem Architekturpreis Berlin, 2014 mit dem Sonderpreis Deutscher Städtebau sowie 2015 mit dem Deutschen Landschaftsarchitektur-Preis ausgezeichnet.

In einem öffentlichen Werkstattverfahren wurde als Grundlage im Jahr 2015 ein Konzept für die zukünftige Entwicklung des Stadtquartiers „Urbane Mitte“ erarbeitet. Mit dem nunmehr vom Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Herrn Christian Gaebler, eingebrachten Bebauungsplanentwurf VI-140cab für die „Urbane Mitte Süd“ werden die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Bauvorhaben „Urbane Mitte Süd“ geschaffen. Damit entstehen nicht nur in den oberen Etagen Büroflächen und ein Hotel, da die unmittelbare Nähe zu Bahnflächen der BVG und der Deutschen Bahn AG eine Wohnnutzung an dieser Stelle nicht möglich machen; sondern es entsteht in den Sockelgeschossen auch ein Stadtquartier aus kleinteiligem Gewerbe sowie sozialen Einrichtungen für Sprache, Bildung und Sport am Park am Gleisdreieck.

Mit freundlichen Grüßen

. . . . MdA

und so könnte eine mögliche Antwort aussehen:

Sehr geehrte/r Herr / Frau Abgeordnete . . .

vielen Dank für Ihre Rückmeldung zur drohenden Bebauung am Gleisdreieckpark. Offenbar liegen uns insbesondere zur tatsächlichen Bebauungssituation, zum Thema Schadensersatzforderungn bzw. der Verbindlichkeit der bisherigen Bauvorhaben unterschiedliche Informationen vor.

Anders als Sie schreiben, sah der Rahmenvertrag Gleisdreieck von 2005 nicht die Entwicklung von vier Baufeldern vor, sondern von fünf – Schwechtenpark, Yorckdreieck, Möckernkiez, Urbane Mitte und Flottwellpromenade. Die Flottwellpromenade kam erst in der letzten Verhandlungsphase hinzu und liegt dort, wo eigentlich seit dem Notenwechsel zwischen Senatskanzlei und Deutscher Bahn im Jahr 1994 ökologische Ausgleichsfläche vorgesehen war. Link zum Notenwechsel: https://gleisdreieck-blog.de/wordpress/wp-content/uploads/2018/08/Berlin-Bahn-Notenwechsel-1994.pdf

Bis heute ist die Fläche des Baufelds Flottwellpromenade im Flächennutzungsplan als Grün dargestellt – obwohl sie inzwischen bebaut wurde. Die Bebauung führt dazu, dass der nördliche Teil des Westparks des Gleisdreiecks ein schmaler Streifen geworden ist.

An der schmalsten Stelle ist der Westpark nur noch 60 m breit und genau dort sollen die 90-m-Türme der Urbanen Mitte errichtet werden. Die Folgen für die Aufenthaltsqualität im Park und für die ökologischen Funktion des Parks für das Stadtklima wären fatal.

Sie berufen sich darauf, dass Verträge eingehalten werden müssen. Das sehe ich auch so. Jedoch darf ein Vertrag nicht gegen gesetzliche Regelungen verstoßen. Und genau das macht der städtebauliche Rahmenvertrag von 2005. Der Vertrag sah damals vor, dass bestimmte Bauvolumina erreicht werden müssen, ansonsten müsse Berlin Ausgleichs- bzw. Schadensersatzzahlungen leisten. Diese Regelung des Vertrags verstößt gegen den §1 Absatz 3 des Baugesetzbuches, indem es heißt, ein Bebauungsplan darf nicht auf einen Vertrag begründet werden. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass Abgeordnete frei abstimmen können, ohne Angst vor Entschädigungszahlungen.

Das haben inzwischen zwei Rechtsgutachten bestätigt: das von Dr. Philipp Schulte im Auftrag der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V. und der Naturfreunde Berlin erstellte sowie das Gutachten von Prof. Dr. Beckmann im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg.

Auch das Baugesetzbuch ist ein Vertrag – es ist ein Vertrag mit uns allen, mit bundesweiter Gültigkeit. Müssen wir als Bürger nicht darauf vertrauen können, dass das Gesetz eingehalten wird? Soll der Vertrag mit den Investoren über dem Gesetz stehen? Müssen wir uns nicht darauf verlassen können, dass Verträge, die gegen das Gesetz verstoßen, null und nichtig sind?

Das aktuelle Bauvorhaben beruht zudem auf Fehlberechnungen. So kalkulierte der ursprüngliche Vertrag von 2005 für die Urbane Mitte mit einem Nettobauland von 3,4 ha sowie einer GFZ (GeschossFlächenZahl) von 3,5. Daraus errechnete sich die Bruttogeschossfläche von 119.000 m².

Später stellte sich jedoch heraus: Die Nettobaufläche viel kleiner ist, sie liegt zwischen 2,6 und 2,7 ha. Nichtsdestotrotz haben die Vertragspartner des städtebaulichen Vertrages (die Erwerber der Grundstücks der Urbanen Mitte als Rechtsnachfolger der Vivico sowie die Senatsverwaltung und die Bezirksverwaltung) am 11. Februar 2015 festgelegt, dass trotz kleinerer Baufläche an den 119.000 m² Bruttogeschossfläche festgehalten werden soll. Noch vor dem Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans wurde so das Ergebnis des Planverfahrens vorweggenommen und festgeschrieben! (siehe Protokoll des Gesprächs: https://fragdenstaat.de/anfrage/gespraech-am-11-februar-2015-der-vertragspartner-des-staedtebaulichen-rahmenvertrages-von-2005/)

Konkret sollen nun auf dem südlichen Baufeld 23.000 m² Bruttogeschossfläche entstehen. Das entspräche einer GFZ von 5,1 – einer Überschreitung der im ursprünglichen Vertrag vorgesehenen GFZ um 50%!

Die Angst vor Schadensersatz hat die inzwischen 10jährige Planungszeit begleitet. Erst als die beiden Gutachten von Dr. Philipp Schulte und Prof. Dr. Beckmann veröffentlicht wurden, hat die BVV Friedrichshain-Kreuzberg beschlossen, die Urbane Mitte neu zu denken und neu zu planen, aktuellen sozialen Bedarfen und klimapolitischen Notwendigkeiten anzupassen. Die Senatsverwaltung hat diesen notwendigen Neuanfang verhindert, in dem sie die Planungen an sich gezogen hat.

Bitte nutzen Sie Ihr Mandat verantwortungsvoll und ohne Angst vor Entschädigungszahlungen. Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass der Vertrag mit uns als Gesellschaft – im konkreten Fall das Baugesetzbuch – eingehalten wird. Es kann nicht sein, dass ein rechtswidriger Vertrag – wie der städtebauliche Rahmenvertrag Gleisdreieck von 2005 – Vorrang hat vor der Einhaltung des Baugesetzbuches.

Bitte stimmen Sie gegen den Bebauungsplan Urbane Mitte Süd VI-140 cab.

Mit freundlichen Grüßen

Unter diesem Link könnt ihr die Emailadressen aller Abgeordneten finden und z. B. nach Wahlkreisen oder nach Fraktion suchen:
https://www.parlament-berlin.de/das-parlament/abgeordnete

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