In fünf intensiven Sitzungen seit April diesen Jahres wurde in der projektbegleitenden Arbeitsgruppe der Plan für den Potsdamer Güterbahnhof, den westlichen Teil des Gleisdreiecks überarbeitet. Mit dabei waren die Vertreter der Senatsverwaltung, der Grün Berlin GmbH, die Landschaftsarchitekten des Atelier Loidl, Vertreter der Bezirke F’Hain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg, die gewählten Anwohnervertreterinnen, Vertreter der beiden Quartiersräte Magdeburger Platz und Schöneberger Norden und ein externer Moderator, Herr Seebauer vom Büro Swup.
Der neue Plan für den Westpark unterscheidet sich stark von dem Entwurf, der im letzten Jahr im November auf dem Planungsforum in der Elisabeth-Klinik vorgestellt wurde. Die Architekten vom Atelier Loidl haben in den neuen Plan die wesentlichen Änderungswünsche und Anregungen aller Beteiligten eingearbeitet und ein sinnvolles Ganzes daraus entwickelt. Hier ist der neue Plan:
Die wichtigsten Änderungen gegenüber dem alten Plan
- Der alte Plan ging im Süden nur bis zu Hochbahnlinie der U2. Die Bürgerinitiativen hatten das Ausblenden des südlichen Bereichs immer als Politik des „weißen Flecks“ kritisiert. Dank der Arbeit des Runden Tisch des Bezirks F’Hain-Kreuzberg (Siehe Sicherung der Kleingärten, Alternativen für den Fußball im Yorckdreieck und auf dem Tempelhofer Feld, 26. 05. 2010), der im Frühjahr diesen Jahres eine Lösung für die Problematik Sport /Kleingärten gefunden hat, war der Weg frei, erstmals einen Plan für den gesamten Westpark zu entwickeln. Damit sind sind auch die wichtigen Verbindungen des Parks zum Bautzener Kiez und zur Schöneberger Schleife über die Wannseebahn Teil der Planung. Wie genau die Verbindung Richtung Bautzener Kiez ausgestaltet wird, das muss noch präzisiert werden – auch in Zusammenhang mit den Planungen für das Hellweg-Projekt im Yorckdreieck. Die Finanzierung für den südlich der U2 liegenden Teil des Parks muss ebenfalls noch geklärt werden.
- Die Schöneberger Wiese, die in der Mitte des Westparks liegt, ist nun im Bereich zwischen den beiden Hochbahnen der U1 und U2 schmaler geworden, reicht dafür aber weiter nach Süden unter der U2 hindurch. Der die Wiese im Westen begrenzende Hauptweg aus Asphalt verläuft nun genau auf dem vorhandenen Fahrweg der ehemaligen Baulogistik. Der Gehölzstreifen aus Ölweiden, Pappeln und Robinien, der diesen Weg von den westlichen liegenden Kleingärten trennt, bleibt erhalten. Er wird lediglich etwas ausgelichtet, um Durchblicke zu schaffen. Während nach dem ursprünglichen Entwurf rund 50 Bäume hätten gefällt werden müssen, sind es nach den neuen Planungen nur noch sieben.
- Die große Wiese wird östlich und westlich von einem Parkrahmen begleitet, der im Norden ganz schmal und dann nach Süden hin immer breiter wird. Der Parkrahmen ist von Bäumen bestanden. Unter den Bäumen finden sich unterschiedliche Nutzungen: Promenaden, Pflanzflächen, Spielangebote für alle Generationen und schließlich die Kleingärten im westlichen Teil. Im östlichen Parkrahmen befindet sich am Tunnelmund eine Sitzstufenanlage aus Holz mit Sandstrand und Bäumen. Hier könnte ein Treffpunkt zum Chillen in der Abendsonne entstehen. Etwas weiter südlich der U2 ist ein Hundespielplatz vorgeschlagen, zwischen U2 und dem heutigen Parkplatz des Beachvolleyballs entlang der Fernbahn.
- Die Kleingärten bleiben vollständig erhalten und werden in den Park integriert. Ein wichtiges Element dieser Integration wird der Marktplatz sein, der als Treffpunkt für Kleingärtner und Anwohner dienen soll. Gegenüber der früheren Planung wurde der Marktplatz etwas verkleinert. Für den Marktplatz wird eine natürliche Öffnung in der vorhandenen Vegetation genutzt. Am langen Tag der Stadtnatur in diesem Sommer hat der Marktplatz schon ganz gut funktioniert mit Essen, Musik und vielen Gästen. Das Birkenwäldchen südlich des Marktplatzes bleibt erhalten, die verwilderte Fläche nördlich wird „Naturspielplatz“. Richtung Kurfürstenstraße folgt dann ein klassischer Spielplatz. Die Wege innerhalb der Kleingärten sollen auf das notwendige Maß zurückgebaut werden. So ergeben sich hier zahlreiche Möglichkeiten für öffentliche Gärten und Nutzungen. Die weiterführende Arbeitsgruppe „Gärten in den Gärten“ wird noch eine Menge zu tun haben, dies alles im Detail zu planen.
- Ein wichtiger Kritikpunkt in der Vergangenheit war die starke Versiegelung durch den multifunktionalen Platz unter der Hochbahnlinie U1 in Nähe des U-Bahnhofes Gleisdreieck. Hier befindet sich ein Rettungsplatz und die Notzugänge zum Eisenbahntunnel sowie ein BVG-Transformatorenhäuschen. Gleichzeitig verlaufen über diesen Platz sehr wichtige Fahrradverbindungen in Ost-West-Richtung (U-Bahnhof Gleisdreieck, Schöneberger, Luckenwalder Straße östlich und Pohl-, Kurfürsten-, Lützowstraße westlich) sowie in Nord-Süd-Richtung (Potsdamer Platz und Landwehrkanal im Norden und Verbindungen zum Ostpark und zur Yorckstraße und Schöneberger Schleife im Süden). In der alten Planung sollten sich die aus vielen Richtungen kommenden Fahrradfahrer auf der vollständig asphaltierten Platzfläche frei ihre Route suchen. Gleichzeitig sollte die Fläche auch für Spiel und Sport genutzt werden. Konflikte zwischen Fahrradfahrern einerseits und Sportlern und Spielern andererseits waren so vorprogrammiert. Dieser Platz ist nun neu gestaltet worden. Der neue Entwurf trennt die beiden Funktionen Spiel/Sport und Verkehr. Die Verbindungen für Fahrradfahrer werden gebündelt auf Asphaltwegen. Die zwischen diesen Wegen liegenden Spielflächen bekommen einen Kunststoffbelag. Bei der Gestaltung der Spielflächen sind die Ergebnisse eines Workshops mit Jugendlichen eingeflossen: Der Plan weist hier u. a. Flächen für Trampolin, Labyrinth, Zahlenspiele und Basketball aus. „Fußball“ kann an dieser Stelle nicht gespielt werden. Das ist aber auf der großen Wiese möglich. Zusätzlich gibt es am südlichen Ende der Schöneberger Wiese (zwischen Beachvolleyballplatz und Kleingärten) einen Bolzplatz mit Ballfangzäunen.
- Der angrenzende Eventplatz, wird nun „Kiezfestplatz“ genannt. Er bleibt unversiegelt und soll als „Königskerzenfeld“ gestaltet werden. Die daran anschließende Wiese auf dem Tunnelmund bleibt eine Wiese. Am oberen Ende der Tunnelrampe wird es eine befestigte Fläche geben, die Trampelfade, die dorthin führen, werden ebenfalls befestigt.
- Gegenüber dem früherem Entwurf ist die Versiegelung reduziert worden: In der Flächenbilanz des Parks wird die gesamte Parkfläche mit 151.000 m² angegeben, davon sollen 115.310 m², also 76% unbefestigt bleiben, während 35.995 m² (24 %) befestigt werden. Die befestigten Flächen unterteilen sich in Asphalt, Beton, Kunststoff und wassergebundene Flächen (die genauen Zahlen sind auf Seite 14 des Protokolls zu finden.)
- Auch wenn der neue Plan wesentlich mehr Rücksicht nimmt auf vorhandene Vegetation, wird es nicht ohne Eingriffe gehen. Allerdings geht es bei diesen Eingriffen um eine sehr junge Vegetation, die maximal 10 bis 12 Jahre alt ist. Die Situation ist also nicht vergleichbar mit den Flächen im Ostpark an der Möckernstraße, wo durch die Parkplanung 120 Jahre alte Eisenbahnrelikte und eine über mehrere Jahrzehnte gewachsene Vegetation in großen Teilen plattgemacht wurden. Auf dem Potsdamer Güterbahnhof hat dies in den 90er Jahren schon die Baulogistik für den Potsdamer Platz bewirkt. Die historischen Strukturen, beispielsweise der große Lokschuppen, die Ladestraßen und Gleise und der grüne Wildwuchs wurden hier zwischen 1992 und 1998 fast komplett abgeräumt. Lediglich in Randbereichen sind noch Reste älterer Vegetation zu finden. Nach dem Ende der Baulogistik 1998 – die Arbeiten am Tunnel und der Eisenbahnstrecke dauerten noch ein paar Jahre länger – haben sich natürlich im Bereich der großen Wiese und an der Tunnelrampe neue Vegetationen entwickelt. An der Tunnelrampe ist dies ein Gehölzstreifen auf einem aufgeschütteten Wall, der beim Abriss der früheren Logistikstraße entstand. Darauf sind Birken, Robinien und sogar ein kleines Apfelbäumchen zu finden. Es tut weh, sich vorzustellen, dass dies verschwinden soll, aber es gibt hierzu keine praktikable Alternative. Die lockere, aber Richtung Rampe teilweise schroff abfallende Anhäufung ist nicht standfest. Ähnlich ist es im Bereich der großen Wiese. Dort, wo die Baulogistikgleise herausgerissen wurden, haben sich auf dem Schotter zahlreiche kleine Ölweiden angesiedelt, die meisten sind sicher nicht älter als drei bis vier Jahre. Die weite Fläche ist mit einer sehr kargen Krautschicht bewachsen. Besonders im Winter bilden sich hier riesige Pfützen. Das Wasser versickert nicht, da der Untergrund durch die Baulogistik und die frühere Eisenbahnnutzung hoch verdichtet ist. Um hier eine von vielen Besuchern benutzbare Wiese herzustellen, braucht es einen neuen Bodenaufbau, für den diese junge Vegetation weichen muss.
- Südlich der großen Wiese und südlich des Beachvolleyball befindet sich eine dieser Flächen, auf denen die Baulogistik etwas übrig gelassen hat. Teilweise wurden hier die Schienen herausgerissen, teilweise sind sie auch noch vorhanden. Zu den alten Pflanzen haben sich in den letzten Jahren nun neue gesellt.Wenn es noch eine Fläche gibt auf dem Potsdamer Güterbahnhof, die den alten Charme der ungeplanten Oase versprüht, dann ist das hier zu finden. Als „Ruderalwiese“ sollen diese Flächen nun erhalten bleiben. Bravo!
Im letzten Jahr habe ich einen Beitrag geschrieben, in dem ich den damaligen Plan für den Westpark scharf kritisierte. Siehe Atelier Loidl: Planen wie im Spiel, September 2009. Vielleicht bin ich damals in meinen Formulierungen zu weit gegangen, weil ich den Eindruck hatte, dass das Atelier Loidl kein Interesse am Erhalt von vorhandenem Grün und überhaupt an den vorhandenen Strukturen hatte. Inhaltlich ist meine damalige Kritik am Plan in die Diskussionen in der projektbeleitende AG eingeflossen und wurde im hohen Umfang berücksichtigt. Entgegen aller Skepsis zeigt der neue Plan, dass es den Architekten möglich war, vorhandene Natur und alte Strukturen des Geländes sinnvoll in den Entwurf zum Westpark mit zu integrieren.
- Ergebnisprotokoll Projektbegleitende Arbeitsgruppe, Stand 18. 08. 2010
- Link zu gemeinsamen Presserklärung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe vom 18. 08. 2010
Nachtrag, 19. 09. 2010
- Stellungnahme des Quartiersrat Schönberger Norden vom 01. 09. 2010
- der neue Plan als hochauflösendes PDF-Dokument auf den Seiten des Schöneberger Nordens