Projekt Möckernkiez

Offener Brief zum möglichen Abriss des Zollpackhofes an der Yorckstraße/Möckernstraße

In einem offenen Brief wendet sich Jürgen Enkemann vom „Kreuzberger Horn“ gegen einen möglichen Abriss des alten Zollpackhofes an der Ecke Yorckstaße / Möckernstraße. Hintergrund sind die internen Diskussionen innerhalb der Initiative Möckernkiez. Ursprünglich wollte die Initiative den Zollpackhof als Teil des „Stadtgedächtnisses“ in ihr Projekt mit rund 400 Wohnungen und Gewerbeflächen integrieren.

Dazu wurde eine Planung ausgearbeitet, die vorsah, den Zollpack zu modernisieren und mit drei weiteren Geschossen zu überbauen. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass durch die komplizierte Bebauung des alten Gebäudes die Baukosten explodieren würden und damit auch die zukünftigen Mieten in dem neuen Stadtteil. Nun gibt es zwei Alternativen, die innerhalb des Projekts Möckernkiez diskutiert werden:

  • den alten Zollpackhof so stehen lassen und nur das dahinter liegende Gelände bebauen
  • oder den Zollpackhof abreißen und etwas Neues bauen.

Beide Lösungsmöglichkeiten stellen das in jahrelanger Arbeit entwickelte städtebauliche Konzept des Möckernkiezes in Frage, erfordern eigentlich ein neues städtebauliches Konzept. Aus dem Bezirksamt ist zu hören, dass der Teilbebauungsplan Möckernkiez zur Zeit auf Eis liegt. Offensichtlich ist der im Februar 2011 von der Bezirksverordnetenversammlung “zur Kenntnis genommene”  Teilbebauungsplan in großen Teilen schon wieder Makulatur. Interessant ist auch die Begründung des Bezirksamtes, warum dieser Teilbebauungsplan nie öffentlich ausgelegt wurde, wie es das Baugesetzbuch eigentlich vorsieht. „Alle grundsätzlichen Fragen der Bebauung” seien schon 2006 im Generalbebauungsplan Gleisdreieck geklärt worden, hieß es dazu in diesem Sommer vom Stadtplanungsamt. 2006 hatte dasselbe Amt als Antwort auf die Stellungnahmen zum B’Plan  Gleisdreieck  geschrieben, Fragen wie der Umgang mit dem Zollpackhof  und der Durchwegung des Baufelds Möckernkiez würden im  späteren Teilbebauungsplan geklärt. OK, eventuell werden sie nun geklärt, aber nicht in einem öffentlichen Beteiligungsverfahren. Dies ist der Hintergrund, vor dem Jürgen Enkemann vom Kreuzberger Horn den offenen Brief an Aino Simon vom Vorstand der Möckernkiezbaugenossenschaft geschrieben hat.
Matthias Bauer

Zollpackhof und Yorckbrücken, Aufnahme aus den 80er Jahren
Zollpackhof und Yorckbrücken, Aufnahme aus den 80er Jahren

Offener Brief von Jürgen Enkemann an Aino Simon, Initiative Möckernkiez

(Ich betrachte dieses an Aino Simon addressierte Schreiben, wie ich ihr mitgeteilt haben,  als ‘offenen Brief’, der auch im Umkreis von ‘Kreuzberger Horn’-Initiative und Gleisdreiecks AG versandt wurde. Jürgen Enkemann)

Liebe Aino Simon,

Dein Vortrag neulich auf der Veranstaltung im Rathaus zum Möckernkiez-Projekt war überzeugend, und Du hast auch bestimmte Bezüge, die nicht nur Euer eigenes Zusammenwohnen in dem Komplex betreffen, hervorgehoben: die Beziehung zur Nachbarschaft drum herum (z.B. mit dem zur Verfügung Stellen bestimmter Gemeinschaftsräume etc), zur Natur (dazu gibt es demnächst ja auch eine öffentlich angekündigte gemeinschaftliche Pflanzaktion). Wenn mir eine Dimension gefehlt hat – ich will nicht unterstellen, dass sie Dich nicht interessiert, und man kann auch nicht immer alles in einem Vortrag bringen – dann ist es der Bezug zur Geschichte der Umgebung.

Diese Leerstelle erschien dann noch betont dadurch, dass Du mit einem Hessel-Zitat den Begriff  ‘Wandel’ ganz groß hervorgehoben und sogar als Losung auf die Leinwand projiziert hast. Dass mir das im Moment so wichtig erscheint, hat einen konkreten Anlass, aber ich will doch erst noch ein paar allgemeinere Reflektionen dazu hier vorbringen. Natürlich ist es wichtig, dass wir uns für den Wandel in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen stark machen, und ich würde selber von mir behaupten, dass ich mich immer für den Wandel engagiert habe, wenn es dabei um Verbesserung von Lebensbedingungen ging und um die Aufhebung von überkommenden Hierarchien und Klassenunterschieden, um emanzipatorischen Wandel. Aber Wandel ohne das Ernstnehmen auch von Kontinuitäten ist zumeist schlecht fundiert, kann sehr einseitig sein, oberflächlich und in der Politik manchmal äußerst zerstörerisch. Mir erscheint es gerade im Hinblick auf einen zu erringenden grundlegenden ‘Wandel’ wichtig, dass wir uns ständig des historischen Gewordenseins unserer weiteren gesellschaftlichen Zusammenhänge wie auch unserer unmittelbaren Umgebung bewusst sind.

Um  zunächst noch einmal auf Franz Hessel zurück zu kommen, der in unserer gemeinsamen ‘Kiezwoche’ bei Euch  im Möckernkiez-Verein in Form von Lesungen eine besondere Rolle gespielt hat: Ihn faszinierten die gewaltigen Veränderungen in der hektischen Metropole der Zwanziger Jahre, aber er versuchte im Rahmen seiner Beobachtungen in der Stadt immer auch, die Geschichte dahinter aufscheinen zu lassen, soweit überhaupt noch Spuren davon sichtbar waren, und er bedauerte deren Verschwinden hier und da. Wandel war für ihn nicht immer nur begrüßenswert. Im Kapitel ‘Der Landwehrkanal’ in seinem Büchlein ‘Spaziergänge in Berlin’ lautet der letzte Satz: “Man behauptet, der Landwehrkanal soll auch bald trockengelegt werden, er rentiere sich nicht mehr. Dann würde uns wieder ein Stück Leben zu blasser Erinnerung werden.“

In Berlin war man schon immer besonders schnell dabei, die Spuren der Geschichte  restlos verschwinden zu lassen, aber in kaum einer Zeit wohl so intensiv wie in den späten 50er und den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. (Das gehörte allerdings in der gesamten Bundesrepublik in gewissen Graden zum Zeitgeist). “Abriss! Abriss!” war angesagt, nur das Neue begeisterte, das belebte natürlich auch die Konjunktur in der ‘Wirtschaftswunder’-Epoche. Zu den Opfern zählte u.a. die riesige, abgesehen vom Dach noch weitgehend erhaltene Ruine des Anhalter Bahnhofs, und damit sind wir schon bei unserem konkreteren Thema, denn es geht mir in unserem Dialog um ein Bestandteil des ehemaligen Anhalter Bahnhofsgeländes. Zum Zeitpunkt des Abrisses der großen Halle fanden sich nur wenige Stimmen für den Erhalt (einige aber durchaus schon). Der große Umschwung sowie die heftige Kritik an der ‘zweiten Zerstörung’ Berlins nach der Kriegszerstörung ergaben sich erst in den achtziger Jahren. Der Abriss des Bahnhofs, besonders vehement vorangetrieben durch den früheren Kreuzberger Bürgermeister Kressmann, wurde dann rückblickend allgemein verurteilt. Mir fiel zufällig gerade ein alter Artikel aus dem Tagesspiegel (vom 19.6.1987) in die Hände, in dem es in einer kritischen Rezension zur großen postmodernen  ‘Mythos Berlin’-Ausstellung auf dem öden Gelände des vormaligen  Anhalter Bahnhofsgebäudes heißt: “Auch dessen Schicksal ist ja ein Spiegelbild Berliner Seelenzustände: als die Züge längst nicht mehr fuhren, geisterten Hauptstadtwettbewerbe durch Amtsstuben und Stadtplanungsbüros, die den Abbruch dieser Kathedrale des Industriezeitalters angeblich dringend erforderlich machten. Keine Zeit verlieren!“ Und am Schluss des Artikels heißt es dann noch einmal beim Anblick der Miniruine inmitten einer Brache: “Kaum noch sieht man den Portikus, den die Abrisswut stehen ließ, diesen winzigen Rest. Angetrieben wurde das Zerstörungswerk von einem Bezirksbürgermeister, der stolz den Spitznamen Texas-Willy trug, in den Jahren, als die Eröffnung der ersten Stadtautobahnteile ungehemmten Schnellverkehr versprach … “.

Und da wir mal beim Anhalter Bahnhof sind, möchte ich zusätzlich ein paar Sätze aus einem immer noch sehr informativen und lesenwerten Buch mit dem Titel ‘Berlin, Anhalter Bahnhof’ aus den achtziger Jahren zitieren. Der Verfasser Peter G. Kliem fordert in seinen allgemeiner gehaltenen Schlussgedanken, die Stadtplaner des Senats sollten nach den Zerstörungen der jüngeren Zeit “bemüht sein, wenigstens von sofort an jedes noch so bescheidene Stückchen des alten Berlin vollständig zu restaurieren.“ (S. 89).  Und weiter: “In Berlin wirkt seit Jahren offensichtlich eine unsichtbare Macht, die jeden geschichtlichen Ursprung und alle Erinnerung an ein in vieler Hinsicht in der ganzen Welt bekanntes und geschätztes Berlin ausräumen will. Diese Tendenz zur städtebaulichen Einöde, zur verkehrsgerechten Rasterlandschaft und zur wohnarithmethischen Trostlosigkeit muss letzten Endes auch zur Kulturlosigkeit führen. Natürlich gibt es in der Stadtkultur und Architekturästhetik keine absoluten Normen, und nicht immer muss das Alte auch das Gute sein. Bei der Beurteilung der unterschiedlichen Fakten kommen eine Menge von Gesichtspunkten zusammen.  … Aber alle Erkenntnisse auf diesem Gebiet sind schwer messbar, von häufig wechselnden Meinungen abhängig, die getroffenen Entscheidungen sind fast immer umstritten und so gut wie nicht auf ihre Richtigkeit nachprüfbar. In der Bevölkerung, und hier insbesondere bei den jüngeren Bürgern, nimmt aber die Trauer über die Zerstörung der Stadt auffallend zu.“ … “Die Zukunftserwartungen können nur aus der Kenntnis der eigenen Geschichte heraus formuliert werden. Aber Geschichte will erlebt sein: Nicht in großen dafür hergerichteten Museen, Geschichte erlebt, wer durch die historischen Räume eines alten Schlosses geht oder durch die teilweise restaurierten Straßen Kreuzbergs mit ihren Stuckfassaden der Gründerzeit, den alten Straßenlaternen, Bänken, Pumpen und Vorgärten, eingezäunt von schmiedeeisernen Zäunen. Berlin ist als Ganzes ein Ort der Geschichte, ein Ort an dem deutsche Vergangenheit und Gegenwart wie nirgendwo sonst mit ihren tiefen Brüchen und den offenen Fragen nach der Zukunft erlebt werden kann.“ (S. 90)
Peter G. Kliem / Klaus Noack: Berlin, Anhalter Bahnhof, Frankf./ M. und Berlin (Ullstein) 1984.

Um diese Zeit, also in der ersten Hälfte der achtziger Jahre, hatte sich allerdings seit einer Weile vielfach ein neues historisches Bewusstein durchgesetzt, in der Tat selbst bei ganz jungen Leuten, den Hausbesetzern, die sich dem verbreiteten Abriss sehr wirksam entgegensetzten und letztlich das erkämpften, was ‘Behutsame Stadterneuerung’ genannt wurde. Ein Einzelname verbindet sich besonders mit dieser neuen Richtung in den achtziger Jahren, der von Hardt-Waltherr Hämer (in Kreuzberg zumeist Gustav Hämer genannt). Ich möchte hier daher aus einem Buch über ihn zitieren: “Zum Perspektivenwechsel aus der ‘Planung von oben’ zum Blick aus der Position der Betroffenen, zur Parteinahme ihrer Interessen, kam der Abschied von der bislang unbefragten Ãœberzeugung, dass das jeweils Neueste auch stets das Bessere sei.”
Aus: Manfred Sack (hrsg.): Stadt im Kopf. Hardt-Waltherr Hämer, Berlin 2002 (Jovis Verlag) S. 15

Wie es der Zufall nun will in unserem Argumentationszusammenhang, stammte von dem Architekten des Anhalter Bahnhofs, Schwechten, auch der Entwurf für die Gedächtniskirche. Der Architekt des Neubaus Ende der 50er/ Anfang der 60er Jahre, Eiermann, wollte zunächst den völligen Abriss der

Kirchenruine. Der Protest aus der Bevölkerung heraus war jedoch so groß, dass es zu der interessanten Kombination von Neu und Alt kam und damit auch zu der Erinnerung an die Kriegszerstörung. In dieser Form wurde der Bau dann zu einem der eindrucksvollsten Wahrzeichen Berlins, und der Architekt wird die glorreiche Idee später nicht bereut haben.

In einem Lokal fand ich soeben die neue Ausgabe der Kreuzberger Chronik mit einem sehr kritischen, wenn nicht teilweise gar feindseligen Artikel über Euer ‘Möckernkiez’-Projekt. Ich teile die Ansicht nicht, aber erwähnenswert ist doch, dass als Hauptillustration zu dem Artikel ein Foto mit besagten alten Gewerbegebäuden abgedruckt ist und mit der Bildunterschrift: “Auch der Zollpackhof wird den Neubauten weichen.“ Im Artikel selber wird der erwartete Abriss dann noch einmal kritisch erwähnt. Mit dieser ablehnenden öffentlichen Reaktion muss im Falle der Beseitigung gerechnet werden.

Du hattest in Deinem Vortrag im Rathaus gesagt, dass über Abriss oder andererseits architektonische Einbeziehung in den Komplex noch nicht endgültig entschieden sei. Ich weiß nicht, wie weit die Diskussion inzwischen gediehen ist, aber aus meiner Sicht – und diese Meinung teile ich mit mehreren anderen vom Kreuzberger Horn-Kreis, wie unsere Diskussion beim monatlichen Treffen im Lokal Sieben Stufen  zeigte – wäre es wichtig, dass die alte Anlage in irgendeiner Form erhalten bleibt. Es lässt sich sicherlich argumentieren, dass diese Gebäude und diese nicht gerade prächtige Rampe nun mal nicht das einstige Bahnhofsgebäude oder gar die Gedächtniskirche sind, und die ursprüngliche Form hat sich in der Zwischenzeit verändert, aber der Erhalt könnte dennoch eine wichtige Zeichensetzung für die Wahrnehmung auch der Geschichte des Umfeldes sein. Der gesamte Gebäudekomplex erhielte in seinem Äußeren eine zusätzliche Bedeutung in Richtung Stadtgedächtnis, denn Architektur wird immer auch als symbolisch wahrgenommen. Der Abriss andererseits würde sicherlich auch weiterhin kommentiert, zumal er bereits in die öffentliche Diskussion geraten ist, und spätere Verurteilungen wie im Falles des Anhalter Bahnhofs  ließen sich ersparen.

Soweit meine Gedanken dazu. Vielleicht können sie zusammen mit anderen Meinungsäußerungen ein Impuls bei der Entscheidungsfindung sein.

Mit besten Grüßen von Jürgen E.

Dokumente zum Zollpackhof, 1874, 1900 und 2008, von Jürgen Enkemann
Dokumente zum Zollpackhof, 1874, 1901 und 2008, von Jürgen Enkemann

Weitere Informationen

10 Kommentare zu “Offener Brief zum möglichen Abriss des Zollpackhofes an der Yorckstraße/Möckernstraße

  1. @Nils:
    Ich verstehe Ihre Rückfrage nicht. Sie haben sich doch in Ihrem Kommentar des Langen und des Breiten über Ihre “ärmeren Mitglieder” ausgelassen, die bei einem Erhalt des Zollpackhofs von der Beteiligung an Ihrem “sozial ausgerichteten Projekt” – schluchz! – ausgeschlossen wären, und haben sich, Ihren “sozialen Anspruch” wie eine Monstranz vor sich her tragend, als entschiedener Gegner der “Gentrifizierung” geriert. Laut Website hat Ihre “Initiative” sogar eine “soziale Vision” (wow!) und fordert – quasi ad nauseam – die soziale Teilhabe aller (“Soziale Inklusion bezieht alle Menschen mit ein”). Menschen mit “verschiedensten sozialen Hintergründen” würden sich bei Ihnen beteiligen, lese ich da. In einem Umfeld wie dem am Standort Ihres Bauvorhabens müßte dies selbstverständlich Hartz-IV-Empfänger mit einschließen, wenn der so zur Schau gestellte “soziale Anspruch” gerechtfertigt sein soll. Daher meine Frage.

  2. @ Chris: “Es geht aber auch um andere Belange als einzig Geld.” Klar, aber wenn Du entscheiden möchtest, welche weniger gut verdienenden Genossinnen und Genossen aufgrund des teureren Zollpackhof-Erhaltes ihre Mitgliedschaft beim Möckernkiez aufgeben müssen, bin ich mal gespannt auf Deine Vorschläge.

    Wir haben uns lange und intensiv mit der Frage Erhalt oder Neubau beschäftigt und bis zur Vorlage detaillierter Kostenrechnungen lange für den Erhalt eingesetzt. Erst als klar war, dass der Erhalt zu erheblichen Mehrkosten und damit faktisch zum Ausschluss ärmerer Mitglieder führt, hat die Mitgliederversammlung für den Neubau gestimmt. Gentrifizierung durch Denkmalisierung ist nämlich das Letzte, was wir in der angespannten innerstädtischen Wohnraumlage brauchen.

    In einem sozial ausgerichteten Projekt wie dem Möckernkiez muss es einen konstanten Ausgleich zwischen den vielen unterschiedlichen Interessen geben. Meistens, aber eben nicht immer passt alles unter einen Hut. In diesem Fall haben unser sozialer Anspruch und der Wunsch, den Zollpackhof zu erhalten, letztlich nicht zusammengepasst. Und mir persönlich sind dann die lebenden Menschen, die mitmachen und -gestalten wollten, lieber als die hehren Ideale. Kritisieren ist immer leicht, doch wenn man selbst ein Projekt angeht merkt man schnell was machbar ist und was nicht.

    Dass Du gewollt oder ungewollt unseren in vielen partizipativen Sitzungen erarbeiteten Entwurf implizit als “seelenlos” darstellst, während Du einem 140 Jahre alten preußischer Zweckbau eine “eigene Atmosphäre” zugestehst, erschließt sich mir dabei nicht ganz. Von “Kahlschlag” kann deshalb nach meiner Wahrnehmung auch keine Rede sein, auch wenn ich als Mitglied im Möckernkiez da sicherlich irgendwie parteiisch bin.

  3. Immer die gleiche schlechte Entscheidung.
    Abriß statt Modernisierung. Ja – es ist meistens günstiger ein Gebäude abzureißen, als zu sanieren.
    Es geht aber auch um andere Belange als einzig Geld.
    Erhalt von Geschichte. Berlin hat die große Chance die Vergangenheit in die Gegenwart mit einzubeziehen.
    Wohn- und Lebensqualität ensteht über intergrierte bestehende Gebäude. Nicht über Abriß und
    die Errichtung seelenloser neuer Gebäude, die erst über viele Jahrzehnte zu neuer, eigener Atmosphäre kommen. Durch den ewigen Kahlschlag wird die Welt sehr viel ärmer.
    Gegen die ewig gleichen Fehler muss man sich wehren.

  4. Antwort auf den Offenen Brief von Jürgen Enkemann an Aino Simon

    Berlin, im November 2011

    Lieber Jürgen Enkemann,

    mit Deinem ausführlich und wohlbegründeten Anliegen, den ehemaligen Zollschuppen zu erhalten und ihn in das Gesamtkonzept unseres Projekts einzubeziehen, rennst Du bei uns offene Türen ein.

    Wie Du selbst bereits zum Ausdruck gebracht hast, bot mein Vortrag vom 19.09.2011 im Rathaus Kreuzberg, auf den Du dich beziehst, nicht den erforderlichen Rahmen, um neben der Darstellung der aktuellen Situation auch ausreichend auf den wichtigen Zusammenhang zwischen städtebaulicher Gestaltung und historischer Bedeutung bzw. Identifizierung einzugehen.

    Schon unsere frühen Ãœberlegungen – seit 2007 – sahen den Erhalt der alten Bausubstanz vor. Je mehr wir uns jedoch in den Planungsprozess hineinbegaben, wurden nach und nach die Probleme deutlich, die ein Erhalt mit sich bringen würde. Zunächst stellten wir fest, dass der bauliche Zustand des Gebäudes so schlecht ist, dass eine Ãœberbauung bzw. Sanierung nur mit sehr hohem Aufwand möglich wäre. Gleichwohl haben wir mit Hilfe von Gutachten und Beratungen durch Architekten, Tragwerksplaner und Bauphysiker sehr gründlich ausgelotet, ob und in welcher Weise der Erhalt möglich sein könnte.

    Als im Juli 2011 die Vorentwurfsplanung zusammen mit einer sehr detaillierten Kostenschätzung vorlag, wurde allen Beteiligten klar, dass ein Erhalt zu erheblichen Mehrkosten führen würde, die geeignet wären, jeden erdenklichen Kostenrahmen zu sprengen. Dies hätte bedeutet, zentrale Anliegen unseres Projektes (z.B. bezahlbarer Wohnraum) grundsätzlich in Frage zu stellen. Dazu kommt, dass auch eine energetische Sanierung – wie sie aus Umwelt- und Klimaschutzgründen notwendig ist – nur sehr eingeschränkt und zu erheblichen Kosten durchführbar wäre.

    Da wir uns mit diesem Ergebnis nicht zufrieden geben konnten und wollten, haben wir den Planungsprozess Anfang August dieses Jahres teilweise unterbrochen, um noch einmal nach wirtschaftlich – und damit sozial – vertretbaren Alternativen zu suchen. Dabei gingen wir von mehreren denkbaren Möglichkeiten aus, beginnend mit dem Gesamterhalt der Gebäudesubstanz (jedoch ohne eine Ãœberbauung) über mehrere Varianten eines teilweisen Erhaltes bis hin zu einem vollständigen Neubau. Eine Entscheidung über diese Frage ist noch nicht getroffen, die Gespräche mit der Bezirksverwaltung dauern noch an.

    Dein zentrales Anliegen, wie Du es am Beispiel des Anhalter Bahnhofes sehr treffend dargelegt hast, findet meine volle Zustimmung.

    Aus diesem Grunde haben wir uns schon frühzeitig überlegt, wie wir den geschichtlichen Stellenwert des Gleisdreiecks angemessen in unserer Planung berücksichtigen können.

    Als Ergebnis wollen wir die Yorckbrücken durch Freilegung der Flügelmauer und ihrer Einbindung als gestalterisches Element stärker zur Geltung bringen, wodurch sie als „Kreuzberger Tor“ städtebaulich betont und als historisches Denkmal wahrnehmbar wird.

    Erhalten wollen wir außerdem das Reststück der ehemaligen Begrenzungsmauer des Gleisdreiecks sowie das kleine Mäuerchen entlang der Yorckstraße. Zusammen mit dem Kopfbau, ja sogar bei vollständiger Neubebauung, würde auf diese Weise wenigstens eine Andeutung der alten Baustruktur erkennbar bleiben.

    Im Gegensatz dazu wird auf dem Baufeld der CA Immo (ehem. Vivico) entlang der Flottwellstraße die sehr gut erhaltene lange Gleisdreieckmauer ohne jede Diskussion vollständig beseitigt. Dies musste ich jüngst bei einer Vorstellung der Planungen für die Flottwellpromenade mit großer Enttäuschung zur Kenntnis nehmen.
    Wie Du siehst, sind Deine Fragen und Sorgen gleichermaßen die unsrigen.

    Die Lösung komplexer Aufgaben ist immer mit Zugeständnissen und Abstichen verbunden. Dies mag man bedauern. Liegt nicht aber in der Möglichkeit solcher Projekte auch die große Chance, die sozialen und ökologischen Herausforderungen der nahen Zukunft besser und in angemessenerer Weise bestehen zu können? Dazu gehört ohne Zweifel auch die Pflege des historischen Gedächtnisses.

    Die Worte in Deinem Brief zeigen Dein großes Engagement für den Kiez und Deine Verbundenheit mit den Menschen rund um das Gleisdreieck!

    Dafür danke ich Dir sehr!

    Herzliche Grüße

    Aino Simon

  5. ganz aktuell
    verpackt in meiner hand ein Bäumchen erstaunlicherweise noch sehr grüne Blätter bei der einzigartisten Aktion der vergangen 10Jahre
    der Umpflanzaktion welche ja direkt hinter diesem Zollpackhof stattfand.
    also dieser Baum wurde an einer Fragestellung der Kinder an ihre Mütter darf der denn das und dem grimmigen Vater vorbei der wissen wollte ob das überhaupt geht zu dem sicher außer mir unbekannten Filetgrundstück
    Luftlinie 800meter seines alten Platzes in die Erde gesteckt. extra Sonne satt
    statt in dem steinigen Gleisbett seiner alten Kümmerstelle.
    Gestützt mit einem stab unterbau erde vom Balkon .
    doch das wollte ich eigentlich nicht sagen sondern an die AG Gleisdreieck warum kitzelt ihr immer meine sensibilität statt untereinander nicht nur Informationen auszutauschen sondern auch mal Hinweise ja ganz schlichete Hinweise zu übermittel.
    z.B gerade jetzt wird ein wunderschöner Akt eines meiner letzten Anregungen in live auf der Bühne der SBahn 2 YoStr. aufgeführt.
    zu den Wochenenden fährt die S eingleisig und sogar von dem mir privilegierten Bahnsteig links RS(richtung Süd) und kommt auch auf diesem steig auch wieder an und das obwohl ja die S2 und S25 im Zehnminutentakt hin und herfahren.
    nun hatte ich ja einmal unkommentiert versucht zu erklären,daß man den hinteren Ausgang des Bahnhofes von der Wunschebene in die Realität überführen könnte,was ja die vorstellung beflügelt daß wir einerseits ein S Fußgängerzu und abgang an der Großgörschen Straße bekämen und andererseits auch die gewünschte entwicklung der Weiterführung des Autoverkehrfreien Menschentransportweg vom Südkreuz über den jetzt bald realisierten Abgang an der Bz11 auf die
    Fläche Hellweg und weiter integrieren könnten.
    Der Erfolg dieses vor meinen Augen stattfindenden Aktes soll ja aufzeigen was ich ja bereits ausgeführt habe,daß die einseitige Nutzung des Bahnsteigabgangs ja gerade kostengünstig die belebung dieser toten Fläche begünstigen würde.
    der von den aktionslosen verunsicherten Aktivisten kampflos aufgegene versuch gerade dem dortigen Privatinvestor die suppe zu versalzen in dem man Bewegung nämlich durch lebende dreidimensionale Wesen ermöglicht verhallt natürlich im Org und eirreicht zumindest auf diesem Wege keinen e”ifrigen Planer im Bezirk die ja ansonsten den Eindruck der Bürgernähe machen.Herr Kroll müßte also von mir,da ja außer mir kein anderer Interesse an eine Bürgerbeteligung des Raumes zwischen südkreuz und Yorckstraße
    hat betrieben werden in dem ich mal wierder zum widerholten male mich durch den Verwaltungsapparat durchpflüge um am ende zu erfahren,daß auch da niemand weiß warum eigentlich an dem Bahnsteig an der Yo S2 und S25 ein hinterer Ausgang sinnvoll wäre.
    also wer mir zeigt,was ich unter filetstück der Brachflächen meine welche vom sürdkreuz bis zu Yorckstraß unbeobachtet schlummert und nun meinem Bäumchen des Postbahnhofes ein garantiert menschfreies Lebensumfeld bietet der darf an der nächsten BVV sitzung teilnehmen und evt auch Fragen an die senilen Abgeordneten aller Parteien stellen.
    hans

  6. Kämpften erfolgreich in den 78 zigern bis in die 80 ziger Jahre für den Erhalt der Häuser Yorckstr.43-45 sowie Bülowstr 48 bis hin zur Martin Luther Kirche. Wäre lohnend, wenn auch der Packhof als Begrenzung zum Bahngelände erhalten bleibt.
    Gruß H. u. H. Hoffmann

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